Wenn ich öffentliche Ereignisse besuche, frage ich mich, der ich zu einer Augustiner-Kongregation gehöre: Gehst du in zivil oder im Habit? Bist du da privat oder bist du da als Ordensbruder?
Der Verlauf der furchtbaren Trauerfeier am Freitag für David Kato hat dann entschieden. Ich stehe hier im Habit als Zeichen der Demut vor Gott. Ich stehe hier als Zeichen als Zeichen der Dankbarkeit für euer Erscheinen hier.
Ich stehe hier im Habit als Zeichen der Ehrerbietung für David, der am Mittwoch grausam erschlagen wurde. Ich stehe hier als Christ und Mitglied des Rogate-Klosters.
Ich stehe hier, weil ich es leid bin, dass meine Religion für Hasspredigten und für die Ausgrenzung Andersliebender benutzt wird.
Ich stehe hier, weil ich den Worten Jesu glaube, wie wir sie eben in der Lesung (Johannes 15. und 16. Kapitel, 26-27 & 1 – 4) gehört haben: Sie tun dies, weil sie weder Gott noch Christus kennen, weil ihnen die Liebe Gottes fremd ist.
Ich stehe hier, weil ich mir von meinen Glaubensgeschwistern Einsatz für das Leben, für das bedrohte Leben von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern einfordere. Ich stehe hier, weil sie in zu vielen Ländern vom Tode bedroht sind, weil sie in so vielen Ländern diskriminiert, ausgegrenzt, verstoßen, gejagt, bespuckt und beschimpft werden.
Ich stehe hier und ihr mit mir, weil die Zeit enden muss, wo anders Liebende geächtet werden. Ich stehe hier, weil es ein Ende haben muss mit dem Kastensystem auch in unserer Kultur, wo bestimmte Prägungen als gut und anerkannt, andere als anrüchig gesehen und auch (noch) in den Gesetzen benachteiligt werden.
Ich stehe hier, weil meine Bibel nicht zum Hass gegen Lesben, Schwule und alle anders Geprägten aufruft. Da steht nirgendwo: „Tötet, demütigt Homosexuelle und greift sie an.“
Sogar bei seiner Beerdigung hat es ein Vertreter meines Glaubens, hier war es mal ein Pfarrer der anglikanischen Kirche, nicht unterlassen, zur Tötung von Homosexuellen aufzurufen, sie zu demütigen, David Kato zu demütigen. Menschen zu demütigen, wie Gott sie schuf und prägte.
Es erfüllt mich immer mit Trauer, wenn unsere Kirchen nicht Liebe, sondern Hass, nicht Nächstenliebe, sondern Ausgrenzung, nicht Annahme sondern Ablehnung verkündigen.
Zeit meines Lebens als Christ muss ich mich wieder und wieder entschuldigen, weil nicht nur Fundamentalisten, sondern auch mancher gemäßigte Kirchenmensch vermittelt, lesbische, schwule, bisexuelle, Transgender- Menschen seinen weniger wertvoll.
Vor noch nicht einmal einem Jahr haben wir hier an dieser Stelle ebenfalls gestanden. Es wurde zu einem Kiss-In gegen die drohende Todesstrafe für Homosexuelle in Uganda geladen. Küsse für das gleiche Recht auf Liebe, Küsse gegen Hass. Die weltweiten Aktivitäten gegen das Gesetz, auch vom Europäischen Parlament, zeigten Wirkung. Das Gesetz ist in der Schublade verschwunden, vorerst jedenfalls. Küsse und Zärtlichkeit gegen den Tod!
Im Christentum steht der Kuss leider nicht nur für die Liebe. Judas, der Verräter küsste Jesus und verriet den Menschensohn (Lukas 22, 47-48). Menschen sterben nicht nur durch einen Hammer.
Es erfüllt mich mit Trauer, wenn in unserem Land eine Fernsehsendung aus einem fernen Wald die größte Beachtung findet und Traumquoten für die Veranstalter erreicht, weil ein vermeintlich schwuler Mann durch Küsse versucht, seine Heterosexualität zu beweisen. Große Teile der Bevölkerung kannten tagelang kaum Wichtigeres, als diesen krampfhaften Versuch in Farbe und Großaufnahme.
Es muss ein Ende haben, es ist unwürdig, dass die sexuelle Prägung eines Menschen einen Makel bedeutet.
Liebe Freundinnen und Freunde, ich stehe auch hier, weil ich euch bitten möchte, uns, die wir uns in den verschiedenen Glaubensgemeinschaften engagieren, zu bestärken. Der Zug derer, die die Kirchen wegen der oft homophoben Praxis und vieler schlimmer Äußerungen verlassen, zieht auch die mit, die für die Offenheit stehen. Ich bitte euch um Solidarität mit denen, die wieder und wieder Bereiche des öffentlichen Lebens öffnen wollen, die sich ohne Rast wieder und wieder für die Akzeptanz anderer Lebensformen einsetzen. Es gibt in den Kirchen viele Menschen guten Willens, großer Weite und guter Herzensbildung.
Wenn wir den Weg und den Kampf gegen Homophobie in all seinen Formen gemeinsam und solidarisch gehen, dann war der Tod von David Kato nicht umsonst.
Dann kann ein Kuss wieder uneingeschränkt Zeichen der Liebe, der wahrhaften Intimität, der Freude, der Nähe und der Zuwendung werden.