Fünf Fragen an: Bernhard Heinzlmaier, Vorsitzender Institut für Jugendkulturforschung Wien

Fünf Freitagsfragen an Bernhard Heinzlmaier, Vorsitzender des Instituts für Jugendkulturforschung in Wien, über die Dummheit der Jugend, ihren Rückzug aus formellen Netzwerken und die Anbetung eines neuen Gottes.

Bernhard HeinzlmaierBernhard Heinzlmaier ist ehrenamtlicher Vorsitzender des Instituts für Jugendkulturforschung in Wien und Hamburg. Hauptberuflich leitet er die tfactory-Trendagentur in Hamburg. Er studierte Geschichte, Germanistik, Psychologie, Philosophie. 1988 bis 2000 war er Geschäftsführer des Österreichischen Instituts für Jugendforschung, 1990 bis 1992 Studienleiter für Markt- und Meinungsforschung bei Consent Wien. 1992 bis 1995 Geschäftsführer der Werbeagentur CNC. Seine Arbeitschwerpunkte: Jugendpolitik, Freizeitforschung, jugendkulturelle Trends, Zielgruppenkommunikation, Lifestyleforschung

Rogate-Frage: Herr Heinzlmaier, Sie veröffentlichten das Buch „Performer, Styler, Egoisten: Über eine Jugend, der die Alten die Ideale abgewöhnt haben“. Ihr Jugendbild klingt sehr traditionell, im Sinne der von Generation zu Generation vererbten Klagelieder über den angeblich faulen, dummen oder desinteressierten Nachwuchs. Haben nicht immer die Alten über die Jungen und ihre „Schlechtigkeit“ gejammert?

Bernhard Heinzlmaier: Ja, so wird häufig von Leuten argumentiert, die das Buch nicht gelesen haben. Liest man es, so weiss man nach wenigen Seiten, dass es hier nicht um Jugendschelte, sondern um Kapitalismuskritik geht. Aufgezeigt werden die verderblichen Auswirkungen eines globalen Neoliberalismus und seiner manipulativen Diskurse auf das Bewußtsein der Jugend. Der Ungeist der Thatcher-Ideologie der 1980er Jahre ist heute Allgemeingut geworden. „There is no such thing as society“ lautet heute der Grundtenor der öffentlichen Diskurse. Anstelle des traditionellen Gemeinschaftsdenkens ist das egozentrische Individuum auf der Suche nach dem eigenen Vorteil getreten. Wir sehen aus vielen Studien, dass das Engagement der Jugend in formellen Netzwerken zurück geht. Und wenn es stattfindet, dann nicht im Geiste der Gemeinschaft, sondern im eigenen Interesse. Anstelle des selbstlosen Helfens ist die Aquisition von sozialen Kapital getreten, Beziehungskapital, dass man später in ökonomisches Kapital, d.h. in gute Jobs und hohes Einkommen verwandeln kann. Der amerikanische Philosoph Michael J. Sandel spricht vom vorherrschen einer „atomistischen Sozialontologie“, einer auf egozentrische Vereinzelung und persönliches Interesse ausgerichtete Kollektivität, innerhalb derer das Handel zwar kollektiv erscheint, sein Sinn aber individuell ist. In der Praxis ist das zum Beispiel der „blaulichtgeile“ Feuerwehr- oder Rettungsmann, der hilft, weil er dadurch soziale Anerkennung, einen besseren Job und ein höheres Einkommen bekommt und der im Einsatz gleichzeitig noch sein Bedürfnis nach dem emotionalen „Kick“ befriedigen kann.

Rogate-Frage: In Deutschland streben immer mehr Schüler das Abitur an. Die Hochschulquote ist so hoch wie nie. Wie kommen Sie darauf, dass unsere Jugend „verblödet“ sei?

Bernhard Heinzlmaier: Das ist natürlich richtig, aber das sagt nicht darüber aus, ob diese Menschen „gebildet“ sind oder nicht. Sie sind gut ausgebildetes Humankapital. Bildung bedeutet in erster Linie die Befähigung eines Menschen, eigenständig und autonom zu Urteilen und Entscheiden zu lernen. Es bedeutet Unabhängigkeit und die Fähigkeit zur kritischen Reflexion, Kritikfähigkeit oder, wie Adorno meint, die Fähigkeit und Stärke zum „Nein-Sagen“. Heute wird ein Heer von Ja-Sagern, vor allem an den Fachhochschulen und Privatuniversitäten, ausgebildet, zum Mitmachen im Neoliberalismus gedrillt. Die Absolventenquoten solcher so genannter Hochschulen, auf denen ja nichts anderes als die Akademisierung des niederen Geistes stattfindet, sagt nichts über den Bildungsstand der Bevölkerung aus. Vielmehr sagt sie etwas über den Stand der Unbildung aus, denn vor allen die so genannten „praxisorientierten“ Hochschulgänge sind ja nichts anderes als neoliberale Blödmaschinen. Jeder einzelne, der diesen Blödmaschinen entgeht, ist ein Gewinn für die Demokratie und ein Gewinner, was sein persönliches Lebensglück anbetrifft. Wenn die Eltern glückliche Kinder haben wollen, dann halten sie sie ab von den akademischen Blödmaschinen.

Rogate-Frage: Als Ursache nennen Sie ein Bildungssystem, in dem nur nach ökonomischen Aspekten unterrichtet werde. Woran machen Sie das fest?

Bernhard Heinzlmaier: Das Stichwort lautet Humankapital. In den akademischen Blödmaschinen geht es nicht um die Interessen und Bedürfnisse der jungen Menschen, sondern um die Interessen und Bedürfnisse des Kapitals und seiner Produktion. Menschen werden behandelt wie Produktionsmittel, wie Werkzeugmaschinen, indem sie zweckmäßig gemacht werden für die reibungslose Produktion. Reibungslosigkeit ist generell wichtig. Die herrschenden Eliten wollen reibungslose funktionierende Menschen. Nur der Mitmacher ist ökonomische bestens verwertbar. Anpassungsfähigkeit ist heute eine wichtige Produltivkraft für die neoliberale (Schein-)Demokratie. Der Mensch wird auf Zweckmäßigkeit und Nutzenmaximierung getrimmt. Wir nennen die heute lebenden Menschen die Mini-Max-Generation. Mit möglichst wenig Input zum maximalen Output, betriebswirtschaftliches Denken also, das ist es, was sie beherrscht. Der Minimax-Mensch ist Betriebswirt, niemals Volkswirt. Er opfert den maximalen Nutzen für alle dem maximierten Individualnutzen. Die Ökonomisierung der Bildung ist also in Wirklichkeit die Verbetriebswirschaftlichung der Bildung, die Vermarktgesellschaftung der Bildung. Bildung als „Boot-Camp“ für den Tageskampf auf kompetitiven Märkten. Das ist das geheime, das informelle Bildungsziel der postmodernen Bildungseinrichtungen. Bildung als Anbetung des neuen Gottes, des Marktes. Gott ist tot, es lebe der Markt. Oder wie Heidegger es formuliert, das Wahre ist das „Unverborgene“, das Präsente, der Markt, die Warenwelt. Die Präsenzkultur tritt an die Stelle der Sinnkultur. Wir leben im Hier und Jetzt. Unser Sinn ist die Sinnlosigkeit. Ein Drittel der Deutschen sind heute „existenziell indifferent“, d.h. sie sehen keinen Sinn im Leben, haben aber kein Problem damit. Wie auch, wenn sie das gesamte Leben in der rasenden Gegenwärtigkeit des kapitalistischen Marktes abspielt.

Rogate-Frage: Sie kritisieren die Orientierung der Jugend auf materielle Werte. Leben die älteren Generationen ihnen nicht genau das vor? Und geht es der Jugend nicht vielleicht auch schlicht um eine  Zukunftsperspektive und Sicherheit?

Bernhard Heinzlmaier: Ja natürlich. Die Jugend ist nichts anderes, als die radikalisierte Fortsetzung der Nachkriegs- und Nach-Nachkriegsgeneration. Gemeinsam ist ihnen, dass sie ihr Leben in der Gegenwärtigkeit des Marktes verbringen, d.h. der Sinn des Lebens ist abwesend, er wird radikal verdrängt durch die Aneinanderreihung von kurzen, augenblicklichen Glücksmomenten. Das Leben ist kein Kontinuum mehr, ist nicht mehr aus einem Stück, nicht mehr aufgespannt zwischen auf die Vergangenheit bezogene Reflexion und auf die Zukunft gerichtete Erwartung. Das Leben selbst hat seine Ganzheitlichkeit verloren, indem es zu einem Stückwerk von einzelnen Glücksmomenten, einen beziehungslose Aneinanderreihung von kurz aufblitzenden Miniaturabenteuern geworden ist. Das Subjekt hat sich längst aufgelöst in vereinzelte Konsummomente. Mit dem „Lebensabschnittpartner“ wird die Auflösung des Subjekts und damit des Sozialen überhaupt auf den Begriff gebracht. An die Stelle des Versuches der verbindlichen Partnerschaft tritt der Sebstbedienungsladen eines Schwarms von potentiell verkonsumierbaren Einzelindividuuen, die man sich aus dem Matching-Katalog von Online-Partnerschaftsunternehmen aussucht und sequenziell aneinanderreiht. Das Problem ist hier nicht, dass man die Möglichkeit des Scheiterns einer Beziehung in Betracht zieht, sondern dass man von vornherein die Möglichkeit des Gelingens einer Lebenspartnerschaft ausschließt. Die materialistische Marktlogik, das Supermarktdenken, hat damit auch die persönliche Beziehungswelt der Menschen erreicht und ins Neoliberale transformiert.

Rogate-Frage: Wie sähe aus Ihrer Sicht eine gute Bildung aus, die junge Menschen und ihre Potentiale fördert und fordert?

Bernhard Heinzlmaier: Ich bin in der Zwischenzeit zu einem Verfechter des „Deschoolings“ geworden, ganz im Sinne des „Befreiungstheologen“ Ivan Illich. Die Eltern sollten jede Möglichkeit zum alternativen Lernen für ihre Kinder ergreifen. Wann immer man sich den Institutionen entziehen kann, sollte man es tun. Es geht um Leben und Lernen jenseits von Institutionen, die im Interesse der politischen Macht und des neoliberalen Systems stehen. Es ist schön, wenn Potentiale gefördert werden, aber der Mensch verfügt in der Regel über ein mehr oder weniger großes Portfolio an Potentialitäten. Viele von diesen kennt er nicht einmal oder er ist sich bei manchen seiner Fähigkeiten und Interessen gar nicht darüber bewußt, dass sich mit ihnen auch, oder gerade mit ihnen, ein sinnerfülltes Leben kreieren und gestalten läßt. Der junge Mensch muss wieder die Macht über seine eigenen Potentiale gewinnen, die Macht darüber, diese zu erkennen und dann auszuwählen, welche von ihnen er weiterentwickeln will und welche nicht, welche vielleicht jetzt und welche eventuell später. Die Zukunft des Individuums liegt jenseits der geistigen und materiellen Macht der Institutionen. Der einzige Weg zur Autonomie liegt heute in der täglichen Infragestellung von ALLEM, von den täglichen Weltnachrichten, den Versprechungen der Politik, den persuasiven Botschaften der kommerziellen Kommunikation etc. Die Wahrscheinlichkeit, dass man gezielt angelogen wird, man nennt die postmoderne Lüge heute „Kommunikationsstrategie“ und „Public Relations“, ist größer, als dass man die Wahrheit erfährt. Und innerhalb der Bildungsinstitutionen ist die Wahrscheinlichkeit größer, das man „verbildet“ oder der „Unbildung“ unterworfen wird, als dass man zur Bildung kommt. Deswegen: So gut es geht die Hände weg.

Rogate: Vielen Dank, Herr Heinzlmaier, für das Gespräch!

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

Mehr über das Instituts für Jugendkulturforschung finden Sie hier: jugendkultur.at/institut/

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Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenden Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan:

  • Dienstag, 30. Sept. 14 |19:00 Uhr, KONVENTSAMT ZU ST. MICHAELIS. Orgel: Malte Mevissen.
  • Donnerstag, 2. Oktober, 19:30 Uhr, Komplet
  • 1975214_857746527575550_8870122910474125824_nFreitag, 3. Oktober 2014| 15:00 Uhr, Gottesdienst für Mensch und Tier. Hier der Flyer 2014. Predigt: Thomas Schimmel. Mit dem Kummelby Kirchenchor aus Sollentuna-Stockholm. Orgel: Uwe Schamburek.
  • Sonnabend, 11. Oktober 2014| 12:00 Uhr, Mittagsgebet und Andacht für Trauernde, Neuer-Zwölf-Apostel-Kirchhof, Werdauer Weg 5, S Schöneberg. Mit Gedenken an die Toten des 1. Weltkrieges. Mit Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler, Tempelhof-Schöneberg.

 

Fünf Fragen an: Ursula Plote, Autorin „Für den Augenblick – Gottesdienste mit Demenzkranken und ihren Angehörigen“

Ursula PloteFünf Freitagsfragen zum Welt-Alzheimertag, am 21. September 2014, an Pastorin Ursula Plote, Autorin „Für den Augenblick – Gottesdienste mit Demenzkranken und ihren Angehörigen“, über den unbefangenen Umgang mit Dementen, ihre Frömmigkeit und die Wichtigkeit von Bekanntem.

Ursula Plote stammt aus Wilhelmshaven in Niedersachsen, war Lehrerin und Pastorin. Sie ist pensioniert und engagiert sich für ein Mehrgenerationenhaus.

Rogate-Frage: Frau Pastorin Plote, wie sind Sie auf das Thema Demenz gekommen und wie haben Sie gelernt, damit umzugehen?

Ursula Plote: Im Mehrgenerationenhaus Wilhelmshaven, gleichzeitig Gemeindehaus unserer Kirchengemeinde, betreuen wir demenzerkrankte Menschen in Gruppen in unserem Haus und auch allein zu Hause. So habe ich viele Begegnungen mit Demenzkranken und ihren Betreuerinnen gehabt und viel darüber nachgedacht, gelesen und mich weitergebildet.

Rogate-Frage: Inwiefern taucht das Thema Demenz und die an ihr erkranke Menschen in einer Kirchengemeinde auf? Wie sollten Pfarrerinnen und Pfarrer reagieren, wenn ihren Demenzerkrankte begegnen?

Ursula Plote: Demenzkranke treffen wir Pastoren und Pastorinnen bei Besuchen zu Hause, im Heim oder im Krankenhaus, in Gottesdiensten und bei Gemeindeveranstaltungen. Es ist wichtig, ihnen unbefangen, freundlich, aber auch angemessen-kundig zu begegnen.

Rogate-Frage: Sie haben intensive Erfahrungen in der Gottesdienstarbeit mit Demenzkranken gesammelt und in einem Buch als Arbeitshilfe zusammengefasst. Was macht einen „Demenzgottesdienst“ aus? Welche Elemente gehören hinein und welche nehmen Sie aus der Feier hinaus?

Ursula Plote: Ein „Demenzgottesdienst“ ist kurz, anschaulich und spricht möglichst viele Sinne an. Wichtig sind viele Lieder (bekannte Choräle, einfache Liedverse, Vorsicht bei sogenannten neuen Liedern), bekannte Grundtexte (zum Beispiel Psalm 23, Vaterunser, Geschichten aus den Evangelien oder aus dem 1. und 2. Buch Mose – oft als freie Erzählung); liturgische Texte nur sparsam (Ehr sei dem Vater) verwenden. Wir verzichten auf Sündenbekenntnis, Beichte ooder ähnliches und auch auf eine allzu enge Orientierung am Kirchenjahr.

Rogate-Frage: Welche Rolle spielt das Abendmahl? Welche Rituale sind aus Ihrer Erfahrung hilfreich? Und wie reagieren Erkrankte darauf und auf den Kirchenraum?

Ursula Plote: Sinnliche Erfahrungen und Zugänge sind hilfreich. Das reicht vom Mit-Klatschen bei Liedern, über kleine Geschenke und Bilder oder auch eine Salbung.

Ich selber bin nicht darauf gekommen, Abendmahl mit Demenzkranken (und ihren Angehörigen oder Betreuern und Betreuerinnen) zu feiern. Darum baten die Mitarbeiterinnen in der Passionszeit. Wir feiern seitdem im Sitzkreis im Altarraum mit einer sehr einfachen Ordnung. Brot und Wein/Saft werden von Pastorin und Lektorin gereicht, je nach den Möglichkeiten der einzelnen Teilnehmer/innen in die Hand oder in den Mund. Die Betreuerinnen oder Angehörigen helfen, empfangen aber auch selber, wenn sie es wünschen. Wir fragen nicht nach Kirchenzugehörigkeit.

Die Leiterin der Demenzbetreuung plädiert für Wein, weil das „früher immer so war“ und weil das Schmecken Erinnerungen wecken könnte. Ich bin in diesem Punkt unentschieden.

Rogate-Frage: Hat sich Ihre eigene persönliche Frömmigkeit und die in der Kirchengemeinde gelebte Spiritualität durch diese besondere Gottesdienstarbeit verändert? Wenn ja, wie?

Ursula Plote: Die Erfahrungen im Umgang mit den Demenzkranken haben mich geistlich sehr berührt und wirken sich auf meine Predigt- und Gottesdienstgestaltung aus. In der Kirchengemeinde sind die Gottesdienste für die Demenzkranken anerkannt. Sie finden an Wochentagen statt. Auswirkungen auf den sonntäglichen Gottesdienst sind nicht zu beobachten.

Gottesdienste mit Demenzkranken und ihren AngehörigenRogate: Vielen Dank, Frau Plote, für das Gespräch!

Mehr über das Buch: Ursula Plote, Ivonne Tholen „Für den Augenblick – Gottesdienste mit Demenzkranken und ihren Angehörigen“, 1. Auflage 2011, 143 Seiten mit 9 Abb. und digitalem Zusatzmaterial kartoniert, ISBN 978-3-525-58021-9, Vandenhoeck & Ruprecht, 19.99 Euro.

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenen Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan:

  • Gottesdeinst für Mensch und TierDienstag, 23. Sept. 14 |19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet
  • Donnerstag, 25. Sept. 14 |19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachtgebet
  • Dienstag, 30. Sept. 14 |19:00 Uhr, KONVENTSAMT ZU ST. MICHAELIS. Orgel: Malte Mevissen.
  • Freitag, 3. Oktober 2014, 15:00 Uhr, Gottesdienst für Mensch und Tier. Predigt: Thomas Schimmel. Hier der Flyer 2014. Mit  dem Kummelby Kirchenchor aus Sollentuna-Stockholm. Orgel: Uwe Schamburek.

Gottesdienst: Andacht für Trauernde jeden 2. Sonnabend im Monat.

An jedem 2. Andacht für TrauerndeSonnabend im Monat laden wir, ein ehrenamtliches Team des Rogate-Klosters, zu einem besonderen Mittagsgebet. Es ist eine Andacht für Trauernde in der Kapelle auf dem Neuen Zwölf-Apostel-Kirchhof in Schöneberg. Dieser Termin dient als Möglichkeit der Trauer und der Besinnung für alle, die keinen anderen Ort haben. Jeder kann kommen, um anderen durch die Teilnahme beizustehen.

Die nächsten Andachten:

  • Sonnabend, 13. September 2014 | 12:00 Uhr. Organist: Malte Mevissen
  • Sonnabend, 11. Oktober 2014 | 12:00 Uhr. Mit Gedenken an die Toten des 1. Weltkrieges. Mit Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler, Tempelhof-Schöneberg.
  • Sonnabend, 8. November 2014 | 12:00 Uhr. Mit der Alt-katholischen Gemeinde Berlin. Organist: Malte Mevissen.
  • Sonnabend, 13. Dezember 2014 | 12:00 Uhr. Mit Pastor Michael Noss, Baptistische Gemeinde Schöneberg.

Ort: Neuer-Zwölf-Apostel-Kirchhof, Werdauer Weg 5, S Schöneberg.

Weitere Angebote der evangelischen Kirche finden Sie hier.

Fünf Fragen an: Dr. Sigurd Immanuel Rink, Militärbischof der EKD

Fünf Fragen an Dr. Sigurd Immanuel Rink, Militärbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland, über die Nähe von Kirche und Militär, die Kritik an Margot Käßmann und das Beten in Kasernen. Dr. Rink wird heute, Montag, 8. September 2014, 19:00 Uhr, in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in sein Amt eingeführt.

Dr. Sigurd Immanuel RinkBischof Rink stammt aus Frankfurt am Main. Er war Gemeindepfarrer in Usingen und Königsstein-Falkenstein, Sprecher der Evangelischen Kirche Hessen-Nassau, Referent des Kirchenpräsidenten und Propst für Süd-Nassau. Er engagiert sich im ökumenischen Dialog mit der türkischen Religionsbehörde DITIB und mit der United Church of Christ in den USA.

Rogate-Frage: Herr Militärbischof, was macht Ihr Amt aus? Welche Aufgaben sind Ihnen von der Kirche und von der Bundesregierung anvertraut? Welche Schwerpunkte wollen Sie angehen?

Sigurd Rink: Meine drei Aufgaben sind: Begleitung der Geistlichen, Besuche in der Bundeswehr und Militärseelsorge und die öffentliche Stimme unserer Kirche zu Fragen der Seelsorge und Friedensethik. Als erste Arbeitsschwerpunkte habe ich gesetzt: die Einsatzkontingente der Bundeswehr kennen zu lernen, dafür zu sorgen, dass ich selbst und die Militärseelsorge in der friedensethischen Diskussion „auf Ballhöhe“ bleiben, und unser Seelsorgeprojekt für Einsatzrückkehrer und belastete Soldatinnen und Soldaten.

Rogate-Frage: Die Kritik an der in der Geschichte ja nicht selten vorkommenden Nähe von Kirche und Militär ist Ihnen bekannt. Wie geht das zusammen, Jesu Botschaft, Militärpfarrer und Einsatz in der Truppe?

Sigurd Rink: Oft gab es eine ungute Nähe von Kirche und Staat, zum Beispiel zum Beginn des Ersten Weltkriegs vor einhundert Jahren. Heute sind beide Institutionen deutlich getrennt – und das ist gut so. Der Militärseelsorgevertrag zwischen der Bundesrepublik und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) nimmt eine sehr kluge Aufgabenverteilung vor, dass der Staat sich mit Finanzen und Organisation einbringt, dass die Kirchen aber inhaltlich in ihrer Arbeit völlig frei bleiben. Was die Haltung der Kirchen zur Bundeswehr angeht, überzeugt mich auch heute noch das Konzept der „kritischen Solidarität“, das in der Nachkriegszeit vor dem Hintergrund der Erfahrungen der Diktatur und des Zweiten Weltkriegs entwickelt wurde.

Rogate-Frage: Sie sind der erste hauptamtliche Militärbischof der Nachkriegszeit, Ihre Vorgänger waren nebenamtlich beauftragt. Die EKD hat so das Arbeitsfeld der Militärseelsorge öffentlich und personell aufgewertet. Was steckt dahinter? Mehr Wertschätzung der evangelischen Kirche für Christen in Uniform? Eine Reaktion auf einen aufziehenden neuen kalten Krieg in Europa?

Sigurd Rink: Die Entscheidung steht am Ende eines längeren Denkprozesses in der EKD, der schon über mehr als zehn Jahre geht. Schon in den ersten Amtswochen sehe ich viele Vorteile dieser Entscheidung. Die Begleitung der Geistlichen, die Besuche in den Einsätzen und die Beschäftigung mit aktuellen Fragen erfordern so viel Zeit und Energie, dass ich mir eine nebenamtliche Beauftragung nicht vorstellen könnte. Ich habe großen Respekt für meine Vorgänger, die noch unter anderen Bedingungen arbeiten mussten.

Rogate-Frage: Bischöfin a.D. Margot Käßmann wurde insbesondere von konservativen Christen im Sommer massiv kritisiert, weil sie sich öffentlich eine Bundesrepublik ohne Armee vorstellte. Ist ihre Vorstellung für Christen abwegig? Was würden Sie ihr entgegnen?

Sigurd Rink: Die Kritik teile ich nicht. Im Gegenteil: Hier äußert sich eine reflektierte und gut informierte Geistliche deutlich und verantwortlich zu brennenden Fragen. Die Kirche braucht die prophetischen Stimmen, die uns das Ziel vor Augen stellen: den Zustand des gerechten Friedens, der das friedensethische Leitbild der evangelischen Kirchen ist. Übrigens ist auch Margot Käßmann der Gedanke, dass der Einsatz rechtserhaltender Gewalt – zum Beispiel im Konzept des „Just Policing“ – notwendig sein kann, um die Gewalt einzuhegen, nicht fremd.

Rogate-Frage: Wie gestaltet sich die Frömmigkeit eines Militärbischofs? Beten Sie mehr in Kasernen als in Kirchen? Wie gelingt Ihnen die Umstellung von der alten in die neue Aufgabe?

Sigurd Rink: Der Ort ist gar nicht so entscheidend, Gottesdienst ist Gottesdienst, den wir im Namen des dreieinigen Gottes feiern. Übrigens gibt es in Deutschland und bei den Bundeswehrkontingenten im Auslandseinsatz auch eine Reihe von Kirchen, Kapellen und Andachtsräumen innerhalb von Kasernen, so dass sich die Alternative nicht ergibt.

Wir haben von der Militärseelsorge gute Beziehungen zu bestimmten Kirchengemeinden, deren Gottesdiensträume wir regelmäßig nutzen. Hier in Berlin ist das zum Beispiel die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, in der meine Einführung stattfinden wird und ich die ich auch sehr gern zum Sonntagsgottesdienst gehe.

Rogate: Vielen Dank, Herr Bischof Rink, für das Gespräch!

Mehr Infos finden Sie hier: militaerseelsorge.de

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenen Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan:

  • Andachten auf dem Neuen Zwölf-Apostel-KirchhofDienstag, 9. September 14 |19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet
  • Donnerstag, 11. Sept. |19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachgebet
  • Sonnabend, 13. September 2014, 12:00 Uhr, Mittagsgebet und Andacht für Trauernde, Neuen-Zwölf-Apostel-Kirchhof, Werdauer Weg 5, S Schöneberg. Organist: Malte Mevissen.
  • Dienstag, 16. Sept. 14 |19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet

 

Fünf Fragen an: Dr. Matthias Ring, Bischof des Bistums der Alt-Katholiken Deutschlands

Fünf Freitagsfragen an Bischof Matthias Ring, Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland, über die Utrechter Union, deren Vielfalt und den Wunsch nach mehr Kooperation in der katholischen Kirche.

Bischof Dr. Matthias RingBischof Dr. Ring stammt aus einem kleinen Ort in Franken und war vor dem Bischofsamt Pfarrer in Regensburg. Er hat seine Promotion über die alt-katholische Kirche im Dritten Reich verfasst. Die Bischofsweihe war am 20. März 2010, seitdem leitet er das alt-katholische Bistum, das die ganze Bundesrepublik umfasst.

Rogate-Frage: Herr Bischof Dr. Ring, welche Bedeutung hat das Jubiläum 125. Jahre Utrechter Union für das Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland?

Matthias Ring: Die Feier des Jubiläums ist in den Internationalen Alt-Katholiken-Kongress, der im September im Utrecht stattfindet, eingebunden. Auch wenn „Kongress“ akademisch klingt, es handelt sich dabei eher um eine Art alt-katholischen Kirchentag. Zum Jubiläumsgottesdienst werden sicherlich viele Alt-Katholikinnen und Alt-Katholiken aus den grenznahen Gemeinden nach Utrecht fahren. Zu erleben, dass man Teil einer größeren Gemeinschaft ist, ist wichtig für die eigene Identität einer Diasporakirche. Deshalb hat für die Teilnehmenden an den Kongressen – so mein Eindruck – das Gemeinschaftserlebnis auch Priorität vor den Themen.

Rogate-Frage: Wie kam es zur Utrechter Union und welche Bedeutung hat der Zusammenschluss heute?

Matthias Ring: 1889 haben sich die alt-katholischen Bischöfe zur Utrechter Union zusammengeschlossen, nicht um Gemeinschaft zwischen ihren Kirchen zu begründen, sondern weil ihre Kirchen bereits Gemeinschaft hatten. Die Union, besonders die Internationale Alt-Katholische Bischofskonferenz, wurde als Organ zur Pflege dieser Gemeinschaft verstanden. Bestimmte Aufgaben nimmt man seither gemeinsam war, zum Beispiel Dialoge mit anderen Kirchen.

Die Union hilft uns heute, immer wieder über den Horizont unseres Kirchturms hinauszuschauen. Zum einen, weil die Kirchen innerhalb der Union eine gewisse Vielfalt bieten und so deutlich wird: alt-katholisch ist bunter als es der Blick auf die eigene Kirche vermuten lässt. Zum Anderen stehen wir über die Union in Kontakt und Gemeinschaft mit anderen Kirchen. Das Bonner Abkommen (1931) mit den Anglikanischen Kirchen zum Beispiel war ein Werk der Union und nicht einer einzelnen Kirchen. Mit solchen Aufgaben wäre eine Mitgliedskirche allein überfordert. Abgesehen davon, dass im Konzert der weltweiten Ökumene die Stimme einer Einzelkirche untergeht.

Rogate-Frage: Die 1996 in Deutschland eingeführte Weihemöglichkeit für alt-katholische Frauen zu Diakoninnen, Priesterinnen und Bischöfinnen hat zu einer Krise der Union geführt. Wie konnte eine Spaltung überwunden werden und wie sind die Position der Mitgliedskirchen heute zu diesem Thema?

Matthias Ring: Heute gibt es Mitgliedskirchen der Utrechter Union, die Frauen ordinieren und es gibt welche, die dies nicht tun. Dieser Unterschied wird innerhalb der Gemeinschaft ausgehalten, ohne dass es zu Spannungen kommt. Der Weg hierzu war freilich spannungsvoll und kann – im Rückblick – als alles andere als glücklich bezeichnet werden. In den achtziger Jahren wurde die Diskussion um die Frauenordination in den Kirchen intensiver. Den einen ging es dann zu langsam voran, den anderen zu schnell. Das hat zu einer heftigen Krise Mitte der neunziger Jahre geführt, an deren Ende sich die PNCC (Polish National Catholic Church) in den USA von der Union trennte. Allerdings tat sich im Verhältnis der PNCC zur Union ein Dissens auf, der auch andere Fragen betraf, wie zum Beispiel den Umgang mit Homosexualität.

Rogate-Frage: Wie katholisch ist die Alt-katholische Kirche heute?

Matthias Ring: Für das Katholischsein gibt es keine Messskala, geschweige denn einen entsprechenden Test. Ich könnte nun auf die dogmatischen Festlegungen verweisen, die uns zu einer Kirche des katholischen Spektrums machen. Ich glaube, dass man außerdem selbst bei einem oberflächlichen Blick auf die alt-katholische Kirche feststellen kann, dass so etwas wie eine katholische Mentalität zu erkennen ist. Ihre Frage enthält freilich einen Denkfehler, nämlich die Vorstellung, das Katholische ließe sich quantifizieren. Katholisch aber ist man oder man ist es nicht. Etwas anderes ist die Frage, wie sich das Katholischsein nach Außen hin zeigt. Und da gibt es eben ganz unterschiedliche Ausprägungen. An den liturgischen Gewändern hängt das Katholische jedenfalls nicht, denn nach meiner Einschätzung sind auch die Evangelischen katholisch.

Rogate-Frage: Mit der römisch-katholischen Kirche gibt es einen Dialog. Mit welchem Ziel werden diese Gespräche geführt und wie soll es weitergehen?

Matthias Ring: Das große Ziel ist natürlich die Wiedergewinnung der kirchlichen Gemeinschaft. Aber ich verrate Ihnen nichts, wenn ich Ihnen sage, dass das ein Ziel ist, welches in weiter Ferne liegt. Zunächst geht es darum, überhaupt wieder auf allen Ebenen ins Gespräch miteinander zu kommen. Vor Ort gibt es seit langem gute Beziehungen zwischen alt- und römisch-katholischen Gemeinden, doch je weiter man die hierarchische Leiter hochsteigt, umso dünner wurde in der Vergangenheit die Luft. Dass wir nun auf oberster Ebene miteinander im Gespräch sind, ist ein Wert an sich. Auf den Ebenen zwischen ganz oben und unten stellt sich die Lage differenziert war. Ich wünsche mir, dass wir künftig auf allen Ebenen mehr miteinander kooperieren, denn nur so können die bestehenden Aversionen und Vorurteile abgebaut werden.

Rogate: Vielen Dank, Herr Bischof Dr. Ring, für das Gespräch!

Mehr über das Katholische Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland finden Sie hier.

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenen Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan:

  • Gamle Oslo kro og kirkekorSonnabend, 6. September |18:00 Uhr, musikalische Vesper mit dem «Gamle Oslo kro og kirkekor». Gemeinsam veranstaltet mit der Norwegischen Kirche in Berlin (Sjømannskirken).
  • Dienstag, 9. September 14 |19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet
  • Donnerstag, 11. Sept. |19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachgebet
  • Sonnabend, 13. September 2014 |12:00 Uhr, Mittagsgebet und Andacht für Trauernde, Neuen-Zwölf-Apostel-Kirchhof, Werdauer Weg 5, S Schöneberg. Organist: Malte Mevissen.

Fünf Fragen an: Christina Obermüller, Online-Suizidprävention [U25] der Caritas Berlin

Christina Obermüller. Foto: Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V.Fünf Fragen an Christina Obermüller, Online-Suizidprävention [U25] im
Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V., zum Welttag der Suizidprävention am 10. September, über die zweithäufigste Todesursache junger Menschen und Auswege aus den Abschiedsgedanken.

Christina Obermüller kam in Sachsen-Anhalt zur Welt und studierte in Hildesheim Soziale Arbeit.

Rogate-Frage: Frau Obermüller, von welchen Zahlen gehen Sie aus, wenn es um versuchte und vollzogene Selbsttötungen in Berlin und im Bundesgebiet geht?

Christina Obermüller: Etwa 10 000 Menschen nehmen sich in Deutschland jedes Jahr das Leben. Es gibt eine hohe Dunkelziffer. Experten schätzen 100 000 – 200 000 Suizidversuche pro Jahr. In Berlin verlieren wir jedes Jahr etwa 350 Menschen durch Selbsttötung.

Rogate-Frage: Was ist „[U25] Berlin“?

Christina Obermüller: „[U25] Berlin“ ist eine Online-Beratungsstelle für suizidgefährdete Jugendliche unter 25 Jahren. Hier beraten allerdings keine professionellen Berater sondern junge Ehrenamtliche, die selbst erst zwischen 16 und 25 Jahre sind und speziell für die Beratung ausgebildet werden. Das Angebot ist anonym und der Kontakt findet ausschließlich per Mail statt.

Rogate-Frage: Was ist das Besondere an dieser Arbeit mit jungen Menschen? Und warum engagiert sich die Caritas hier besonders?

Christina Obermüller: Nur Wenige wissen, dass Suizid die zweithäufigste Todesursache junger Menschen unter 25 in Deutschland ist. Jeden Tag versuchen nach Expertenschätzungen etwa 40 Unter-25-Jährige, sich das Leben zu nehmen. [U25] ist ein, auf diese Altersgruppe zugeschnittenes Angebot, wo dank der völligen Anonymität vieles ausgesprochen werden kann, was woanders keine Platz hätte. An den Nutzerzahlen von [U25] Berlin sieht man, dass das Angebot die jungen Menschen erreicht: Wir beraten monatlich etwa 50 Ratsuchende.

Rogate-Frage: Allgemein wird gelegentlich behauptet, dass ein Suizid nicht zu verhindern sei bei Menschen, die ihn tatsächlich vorhaben. Was ist an dieser Aussage dran?

Christina Obermüller: Nur die wenigsten Menschen mit Suizidgedanken gelangen für sich zu einem klaren Entschluss für den Suizid. In den allermeisten Fällen ist bis zum Suizidversuch eine starke Ambivalenz vorhanden und oftmals handelt es sich nicht einmal um den expliziten Wunsch, tot zu sein als vielmehr um die Sehnsucht, das bisherige Leben nicht mehr weiterführen zu müssen.

Die Beraterinnen und Berater bei [U25] Berlin greifen häufig genau diese Ambivalenz auf und versuchen gemeinsam mit den Ratsuchenden zu schauen, ob es neben dem Suizid und der Weiterführung des bisherigen Lebens eventuell noch einen anderen Weg gibt.

Rogate-Frage: Am kommenden Mittwoch, am 10. September, beteiligen Sie sich an einer Aktion vor dem Brandenburger Tor anlässlich des Welttages der Suizidprävention. Das Rogate-Kloster unterstützt die Aktion „600Leben“. Was ist dort geplant und welche Aussage soll die Öffentlichkeit erreichen?

Christina Obermüller: Jährlich sterben in Deutschland ca. 600 junge Menschen durch eigene Hand. Wir finden, dass das eine erschreckend hohe Zahl ist. Die Aktion am 10. September 2014 soll auf diesen in der Öffentlichkeit kaum präsenten Fakt aufmerksam machen und läuft folgerichtig unter dem Titel „600 Leben – Gemeinsam 600leben.deSuizide verhindern“. Konkret ist geplant, dass sich 600 Menschen symbolisch zu Boden sinken lassen, um die schiere Zahl „600“ zu versinnbildlichen. Über eine zugehörige Aktionswebseite sollen Fakten und Hintergrundinformationen gegeben sowie zum täglichen „Nicht-Wegschauen“ angeregt werden. Weitere Informationen gibt es auf 600leben.de.

Rogate: Vielen Dank, Frau Obermüller, für das Gespräch!

Mehr Infos finden Sie hier: u25-berlin.de

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenen Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan:

  • Donnerstag, 4. Sept. 14 |19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachtgebet
  • Sonnabend, 6. September |18:00 Uhr, musikalische Vesper mit dem «Gamle Oslo kro og kirkekor». Gemeinsam veranstaltet mit der Norwegischen Kirche in Berlin (Sjømannskirken).
  • Dienstag, 9. September 14 |19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet
  • Donnerstag, 11. Sept. |19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachgebet