Fünf Fragen an: Günther Beckstein, Vizepräses der Synode der EKD und Ministerpräsident a.D.

Fünf Freitagsfragen an Dr. Günther Beckstein, Ministerpräsident a.D. und Vizepräses der EKD-Synode, über die Herausforderungen der Demografie für die evangelische Kirche, die Relevanz von Denkschriften und wann er Zeit zum Beten hat.

Dr. Günther BecksteinDer Jurist Dr. Günther Beckstein gehörte dem bayerischen Landtag gehörte von 1974 bis 2013 an. Von 1993 bis 2007 war er bayerischer Staatsminister des Innern und von 2007 bis 2008 bayerischer Ministerpräsident. Er war der erste evangelische Ministerpräsident des Freistaats Bayern nach dem Zweiten Weltkrieg. Seit 2009 arbeitet er wieder als Rechtsanwalt. Er ist im Ehrenamt Vizepräses der Synode der EKD. Die nächste Tagung findet in der Zeit vom 6. bis 12. November 2014 in Dresden statt. Das Schwerpunktthema lautet: „Kommunikation des Evangeliums in der digitalen Gesellschaft“.

Rogate-Frage: Herr Vizepräses Dr. Beckstein, wohin bewegt sich die evangelische Kirche in Deutschland? Aufbruch in die Spezialisierung vor Ort oder Abwicklung von Gemeinden in der Fläche?

Günther Beckstein: Die Probleme der Demografie betreffen die evangelische Kirche stärker als den Staat und die katholische Kirche, da wir nicht nennenswerte Zuwanderung aus dem Ausland haben. Hinzu kommen Austritte, die schmerzen. Dennoch darf sich die Kirche keinesfalls aus der Fläche zurückziehen. Vielerorts ist gerade in ländlichen Gegenden das Gemeindeleben besonders lebendig. Verstärkte Einbindung von Prädikanten und sonstigen Ehrenamtlichen wird nicht nur Notlösung sein, sondern durchaus auch neue Chancen eröffnen. Das Laienpriestertum aller Gläubigen, wie es Martin Luther formuliert hat, wird dadurch Realität. Dies wird auch andere Gemeindeformen als die Ortsgemeinde betreffen. Auch hier wird es entscheidend darauf ankommen, Ehrenamtliche mit Verantwortung zu betrauen.

Rogate-Frage: Die EKD hat in der Geschichte wichtige Akzente gesetzt, so der Rat 1965 mit der Ostdenkschrift. Doch auch jede EKD-Synode verfasst regelmässig und mit viel Sorgfalt neue Erklärungen. Viel Engagement und Zeit fließt hier hinein. Doch brauchen wir immer neue Papiere? Wozu dienen die vielen Positionsbestimmungen und wer nimmt sie zur Kenntnis?

Günther Beckstein: Dass Kirche sich zu politischen Fragen äußert, ist für mich selbstverständlich. Unser Glaube bezieht sich nicht nur auf das Jenseits, sondern will auf der Welt gelebt werden. Deswegen sind Denkschriften und andere Papiere wichtige Stellungnahmen, die für die Gemeindeglieder und für Staat und Gesellschaft deutliche Impulse geben sollen.
Natürlich haben die in den einzelnen Synoden oder Kammern oder vom Rat der EKD verabschiedeten Beschlüsse und Erklärungen unterschiedliche Wirkungen; kaum eine erreicht die Bedeutung der Ostdenkschrift von 1965.
Aber wir sollten auch nicht vergessen, welch große Rolle die Evangelische Kirche bei der friedlichen Revolution gespielt hat. Dass die Kirchen geschützte Räume für freie Meinungsäußerung boten, dass Friedensgebete die Entwicklung begleiteten, war für das Wunder der Wiedervereinigung ein entscheidender Beitrag, auch wenn die Frage der Wiedervereinigung von den Kirchenleitungen – für meine Begriffe viel zu – zurückhaltend gesehen wurde.
In einer sich schnell ändernden Zeit ist es notwendig auch immer neue Positionsbestimmungen zu verfassen. Es ist ein großer Vorteil der Evangelischen Kirche, dass dabei viel Sorgfalt von Ämtern und Beratung von Laien einfließt, insbesondere auch auf Synoden.
Dennoch vertrete ich die Meinung, dass durch die Anzahl der Beschlüsse nicht etwa mehr Einfluß genommen wird. Weniger kann durchaus mehr sein, zumal für die Wirkung der Transport durch weltliche  Medien in aller Regel notwendig ist und die werden nur einzelne Fragen und Beschlüsse aufnehmen.

Rogate-Frage: Die nächste EKD-Tagung findet in der Zeit vom 6. bis 12. November 2014 in Dresden statt. Das Schwerpunktthema ist: „Kommunikation des Evangeliums in der digitalen Gesellschaft“. Was erhoffen Sie sich von den Ergebnissen dieser Synode? Und was kann die kirchliche Öffentlichkeit erwarten?

Günther Beckstein: Bei der Synode in Dresden geht es darum  – von den Jugenddelegierten angestoßen  – die Veränderungen in der gesamten Gesellschaft durch Digitalisierung und stete Verfügbarkeit jedweder Kommunikation sichtbar zu machen.
Daneben wird es auch eine Rolle spielen, wie die Gemeinden vor Ort die Möglichkeiten sozialer Netzwerke nutzen.
Und es geht darum, dass auch die Notwendigkeit der Präsenz der Kirche(n) im Internet dargelegt wird.
Ich bin auf die Beratungen gespannt, welche neuen Erkenntnisse wir aus Dresden mitnehmen.

Rogate-Frage: Wie leben Sie Ihren Glauben? Wann finden Sie Zeit zum Beten und zur Suche nach Gott? Gehen Sie jeden Sonntag zum Gottesdienst? 

Günther Beckstein: Ich gehe Sonntags meist in den Gottesdienst, oft aber nicht in meiner Gemeinde, weil ich noch viel unterwegs bin.
Losung und Lehrtext, Gebete bei den unterschiedlichsten Anlässen waren und sind mir wichtig.
Auch in meiner Zeit als Minister und Ministerpräsident war ich dankbar, im Gebet vor wichtigen Entscheidungen inne zu halten, manchmal auch nur in kurzen Gebeten, wenn es sehr eilig war. Auch Dankgebete waren mir immer wichtig.
Es ist eine großartige Lebenserfahrung, dass unser Gott dafür sorgt, dass wir mit seinem Beistand rechnen dürfen. Auch dass wir erkennen, dass der Mensch nicht vollkommen ist, sondern Fehler zum Leben gehören und die Vergebung der Schuld notwendig ist. Der Glaube gibt Mut und Demut, auch im Alltag der Politik.

Rogate-Frage: Gern würden wir mit Ihnen einen Blick in die Zukunft werfen: Wie stellen Sie sich die EKD im Jahr 2050 vor? Wie werden sich die Gemeinden entwickeln? Und welche Fortschritte wird die Ökumene gemacht haben?

Günther Beckstein: Prognosen sind mit viel Unsicherheit verbunden, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen, hat Ludwig Thoma einmal gesagt. Gerade wenn so lange Zeiten vorweggenommen werden.
2050  – das werde ich nicht erleben, sonst würde ich 107 Jahre  – werden die einzelnen konfessionellen Unterschiede kaum mehr eine Rolle spielen. Es wird in einer Gesellschaft der digitalen Welt die personale Gemeinschaft eine große Bedeutung haben. Die Gläubigen werden in vielfältiger Form füreinander dasein, und auch für andere Menschen helfen. Nächstenliebe wird in einer Zeit zunehmender Ökonomisierung besonders bemerkenswert sein.
Und trotz  – oder gerade wegen – der Beschleunigung des allgemeinen Lebens wird sich Kirche Zeit nehmen, um nachzudenken und innezuhalten. Gerade aus dem Nachdenken über Gott und die Welt, dem Lesen der Bibel, dem gemeinsamen Feiern von Gottesdiensten und den Sakramenten, wird auch ein Vordenken werden.
Obwohl die Kirche nicht mehr so reich ist wie heute, werden Diskussionen über Geld und Strukturen weit weniger Rolle spielen als glaubwürdige Mission und Reden von Gott und dem Glauben.
Ökumene wird selbstverständlich gelebte Wirklichkeit sein. Unterschiede zwischen einzelnen Gemeinden werden zwar sichtbar sein, aber gerade in einer mobilen Welt wird es wichtig sein, an Sonntagen einen Gottesdienst miteinander feiern zu können.
Protestanten werden zum katholischen Abendmahl ganz selbstverständlich gehen. Und beim Lutherjubiläum 2017 wird der Papst die Hauptpredigt halten und dafür danken, dass Luther einen Beitrag zur Reform der Kirche geleistet hat.

Rogate: Vielen Dank, Herr Beckstein, für das Gespräch!

Weitere Informationen finden Sie hier: ekd.de. Hier eine EKD-Presse-Information zu den Vorbereitungen der Synode in Dresden.

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenen Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan:

  • Dienstag, 4. November 14 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 6. November | 19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachtgebet (Kapelle)Andacht für Trauernde
  • Sonnabend, 8. November 2014| 12:00 Uhr, Andacht für Trauernde: Mit Eucharistie und Gräbersegnung, Neuer-Zwölf-Apostel-Kirchhof, Werdauer Weg 5, S Schöneberg. Mit der Alt-katholischen Gemeinde Berlin. Organist: Malte Mevissen.
  • Dienstag, 11. November 14 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche

Fünf Fragen an: Susanne Niemeyer, Autorin „Brot und Liebe. Wie man Gott nach Hause holt“

Fünf Freitagsfragen an Susanne Niemeyer, Autorin von „Brot & Liebe. Wie man Gott nach Hause holt“, über Erinnerungen an das Paradies, die Buchstabierung christlichen Glaubens und Gott in allen Dingen.

Susanne NiemeyerSusanne Niemeyer, geboren 1972, war langjährige Redakteurin beim ökumenischen Verein Andere Zeiten. Heute arbeitet sie als freie Autorin für den Kreuz-Verlag, ist Kolumnistin und Bloggerin (freudenwort.de). Als Begleiter für die Adventszeit ist gerade  im Herder-Verlag erschienen: „Jesus klingelt. Neue Weihnachtsgeschichten.“ Susanne Niemeyer lebt in Hamburg, sieht von ihrem Schreibtisch den Himmel und hört die Schiffe tuten.

Rogate-Frage: Frau Niemeyer, der Untertitel Ihres Buches lautet: „Wie man Gott nach Hause holt“. Muss man ihn holen? Ist er nicht schon da, überall?

Susanne Niemeyer: Ja, wahrscheinlich ist das so. Aber oft fühlt es sich nicht so an. Manchmal vergisst man, dass die schönen Sachen ganz nah sind und ständig verfügbar. Die sonnige Straßenseite. Lindenblütenduft. Komplimente, die man bekommt oder macht. Erinnerungen ans Paradies. Ich hole sie in mein Blickfeld. Ich öffne die Tür meiner Aufmerksamkeit und lasse sie hinein.

Rogate-Frage: Es gibt im Norden die schöne Tradition, neuen Nachbarn Salz und Brot zu bringen, um ihnen Segen und Glück zu wünschen. Was bringt Lesenden das Buch „Brot und Liebe“ ins Haus?

Susanne Niemeyer: Die Chance auf ein paar Wunder, die unerkannt am Straßenrand legen. Die Erinnerung, dass man mit Gott ringen kann – und manchmal ringen muss. Die Erkenntnis, man glauben kann, obwohl das Leben voller Widersprüche ist. Und Gott ist nur einer davon. Aber das ist nicht schlimm. Es ist sogar ganz spannend, damit zu leben. Es hält wach.

Rogate-Frage: Sie haben zusammen mit Ihrem Ko-Autor Matthias Lemme über alle Texte zusammen intensiv gedacht & diskutiert. Nach welchen Kriterien haben Sie schließlich entschieden?

Susanne Niemeyer: Wir wollten christlichen Glauben buchstabieren. Dabei haben wir uns zuallererst die Frage gestellt: Was glauben wir selbst? Dann haben wir geschaut: Was sagen die alten Texte, die Bibel, aber auch die Glaubenden, die vor uns gewesen sind? Dabei haben wir viele Glaubens- und Denkverwandte gefunden. Überraschend schöne, interessante, auch mutige Texte, die hundert oder sogar tausend Jahre alt sind und auch heute eine große Relevanz haben. Wir haben unsere Überzeugungen und Erfahrungen neben die alten gestellt und waren oft verblüfft, wie gut sich das ergänzt. Aber wir haben auch radikal weggelassen, was wir selber nicht glauben. Auch wenn es von einem Martin Luther oder einer Theresa von Avila stammt.

Rogate-Frage: Christliche Hausbücher haben ja eine lange Tradition – Sie legen hier eine neue, moderne Fassung vor. Was gehört aus Ihrer Erfahrung heute in ein Hausbuch und was nicht?

Susanne Niemeyer: Genau das gleiche, was auch in ein Haus gehört: Das, was im Alltag wirklich wesentlich ist. Eine Spaghettizange ist ganz hübsch, aber man kann auch ganz gut ohne leben.
Wir hatten erst viel mehr Begriffe, aber weil unser Hausbuch kein sechsbändiges Werk werden sollte, das im Regal verstaubt, haben wir versucht, die ganz großen Themen des christlichen Glaubens zu wählen. „Existenzangst“ fiel beispielsweise raus, wir fanden sie in der Überschrift „Sinn“ wieder. Aber „Liebe“, „Zweifel“, „Lust“, „Tischgebet“, „Weihnachten“, „Gott“ und auch der „Teufel“ sind dabei.

Rogate-Frage: Sie haben – auch in anderen Büchern – ein wunderbares Sprachvermögen und eine großes Geschick gezeigt, berührend und empfindsam vom Glauben und der Liebe zu schreiben. Wie nähren Sie Ihren Glaube, Ihre spirituelle Sehnsucht, Ihre Suche nach Gott? Durch Meditation, durch den Gottesdienst?

Susanne Niemeyer: Ich mag den Gedanken, dass Gott in allen Dingen ist. Daran versuche ich mich immer wieder zu erinnern; angesichts des nervigen Bettlers in der Fußgängerzone, einer Graffitto, der Stille, eines gregorianischen Gesangs, mir selbst, der Spinne, vor der ich mich ekle oder den Mohnblüten am Straßenrand. „Handle, als stünde Gott vor dir.“ Das gibt dem Alltag einen Glanz, selbst den Abgründen. Oft gelingt es nicht. Aber es ist eine hübsche Aufgabe. Sie macht Sinn. Und sie erfüllt.

Rogate: Vielen Dank, Frau Niemeyer, für das Gespräch!

Über das Buch: Susanne Niemeyer, Matthias Lemme, Ariane Camus (Illu.) „Brot & Liebe – Wie man Gott nach Hause holt“, Verlag Kreuz, Aufl./Jahr: 1. Aufl. 2013, Format: 13,5 x 21,5 cm, 224 Seiten, gebunden, ISBN 978-3-451-61177-3, €[D] 18,99

Mehr über Susanne Niemeyer finden Sie in ihrem Blog hier: freudenwort.de.

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenen Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan:

  • Einladung LichtvesperSonnabend, 25. Oktober 2014 | 18:00 Uhr, Lichtvesper, Zwölf-Apostel-Kirche (mit der Alt-katholischen Gemeinde). Mit Kreiskantor Christoph Hagemann.
  • Dienstag, 28. Oktober 14 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet
  • Donnerstag, 30. Oktober | 19:30 Uhr, Komplet, das Nachtgebet
  • Dienstag, 4. November 14 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 6. November 2014 | 19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachtgebet (Kapelle)

 

Fünf Fragen an: Friederike von Kirchbach, Pröpstin der Landeskirche EKBO

Fünf Freitagsfragen an Pröpstin Friederike von Kirchbach, theologische Leiterin des Konsistoriums und Stellvertreterin des Bischofs der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, über den landeskirchlichen Reformprozess, die Bedeutung Geistlicher Gemeinschaften und die Zukunft des Protestantismus in der Hauptstadt.

Pröstin Friederike von KirchbachFriederike von Kirchbach wurde am 28. Mai 1955 in Gersdorf bei Leipzig geboren. Zusammen mit zwei Schwestern und einem Bruder wuchs sie in einem Pfarrhaus im Erzgebirge auf. Nach dem Abitur an der Erweiterten Ernst-Schneller-Oberschule in Meißen studierte sie Theologie in Leipzig, Jena und Naumburg. Im März 2000 wurde sie zur Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages mit Sitz in Fulda gewählt. Am 5. Februar 2005 wählte die Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesischen Oberlausitz sie zur Pröpstin. Als Leiterin der theologischen Grundsatzabteilung des Konsistoriums ist die Pröpstin zuständig für alle Fragen von Theologie und kirchlichem Leben. Sie ist in dieser Funktion stimmberechtigtes Mitglied von Kirchenleitung und Landessynode. Besondere Schwerpunkte ihrer Arbeit liegen in den Bereichen Ökumene, Interreligiöser Dialog, Publizistik und Umweltfragen. Sie ist Vorsitzende der Ratsleitung des Ökumenischen Rates Berlin-Brandenburg und Vorsitzende des Missionsrates des Berliner Missionswerkes. Friederike von Kirchbach fährt gern Rad, wandert gern und liebt das Kino.

Rogate-Frage: Frau Pröpstin von Kirchbach, wie beschreiben Sie einem kirchenfernen Nicht-Christen die EKBO?

Friederike von Kirchbach: Die EKBO – „Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz“ – ist eine der 20 verschiedenen evangelischen Landeskirchen in Deutschland. Sie umfasst das Gebiet von Görlitz über Frankfurt/Oder, Prenzlau, Wittenberge, Havelberg bis nach Jüterbog und Doberlug-Kirchhain und umfasst damit kleine abgelegen Orte der Uckermark, der Lausitz und im Fläming, sowie die große Metropole Berlin.
Die EKBO – das sind ca. eine Million Menschen, die als Christen leben, d.h. die sich zu Jesus von Nazareth und seinen Lehren bekennen. Sie engagieren sich in den Kirchgemeinden, feiern Gottesdienste und stellen sich mit einem Großteil ihrer Zeit und ihrer Kraft in den Dienst der Allgemeinheit, zum Beispiel bei der Unterstützung der Sanierung der Dorfkirchen, den Erhalt von Friedhöfen, durch Chorkonzerte, durch Besuchsdienste in Krankenhäusern und Angebote für Kinder und Jugendliche.

Rogate-Frage: Der große Reformprozess der Landeskirche läuft bereits eine Weile. Was ist bislang erreicht worden? Wo läuft es weniger rund?

Friederike von Kirchbach: Ein Entwicklungsprozess, bei dem eine gesamte Landeskirche aufgefordert wird, sich an der Diskussion um die Zukunft der Kirche zu beteiligen, ist ein Wagnis. Die EKBO ist dieses Wagnis eingegangen. Begonnen wurde auf der Herbstsynode 2012 mit dem Diskussionspapier „Welche Kirche morgen?“. Bis Ende September 2013 konnten sich einzelne Personen, Gemeinden und Kirchenkreise der EKBO an der Diskussion beteiligen. Die Rückmeldungen wurden durch landeskirchliche Gremien ausgewertet. Im April 2014 wurden die 10 Thesen „Begabt leben – Mutig verändern“ veröffentlicht.
Wir befinden uns mit dem Reformprozess in einem umfassenden Dialogprozess. Dabei ist es wichtig, alle Stimmen wahrzunehmen, nicht nur die lauten kräftigen, sondern auch die leisen zaghaften. Sonst laufen wir schnell Gefahr, Ideen und Prozesse künstlich zu produzieren. Besser ist es, wenn sich die Projekte aus den Gemeinden, mit der Perspektive der Menschen vor Ort, entwickeln, dass dabei bewährtes erhalten bleibt oder neu gedacht wird.

Rogate-Frage: Prof. Peter Zimmerling beschreibt Geistliche Gemeinschaften als „Inspirationsfelder evangelischer Spiritualität“. Fulbert Steffensky sagt: „Dem Protestantismus fehlt die Spiritualität der Klöster“. Frau Pröpstin, was sind Geistliche Gemeinschaften in und für die EKBO?

Friederike von Kirchbach: Als Pröpstin erlebe ich die geistlichen Gemeinschaften als sehr bereichernd für die EKBO. Sie geben mit der ihnen jeweils eigenen Frömmigkeit den Menschen wichtige Impulse und Anregungen auf ihrem Glaubensweg. In einer Stadt wie Berlin bieten sie Orte der Stille, der Meditation und des Gebetes. Sie bringen die Menschen zueinander. Gerade diesen Aspekt finde ich auch für die ländlichen Gebiete sehr wichtig. Dort, auch dort, laden sie ein zu Einkehrzeiten im Kirchenjahr, öffnen ihre Tore für den Besuch von Galerien und Konzerten, sind Orte, um die besonderen Feste an den Wendepunkten des Lebens zu begehen.
Als Vorsitzende des Ökumenischen Rates Berlin-Brandenburg ist mir auch die große Bedeutung der geistlichen Gemeinschaften in der gelebten Ökumene bewusst.

Rogate-Frage: Wie wird sich aus Ihrer ganz persönlichen Sicht diese Landeskirche wohl entwickeln? Welche Rolle wird die evangelische Kirche in 50 Jahren in Deutschland und der Hauptstadt spielen?

Friederike von Kirchbach: Ich bin der Überzeugung, dass Kirche dort stattfindet, wo Menschen vor Ort zusammenkommen und die Gute Nachricht hören, singen oder beten. Das wird auch in 50 Jahren noch so sein.
Die EKBO umfasst inzwischen ein großes Gebiet. Eine Fusion mit einer anderen Landeskirche sehe ich nicht, aber es gilt natürlich, auch in Zukunft über sinnvolle Formen der Zusammenarbeit mit anderen Landeskirchen nachzudenken.
Für Berlin wünsche ich mir, dass die EKBO Werte-Akzente in die Gesellschaft hinein setzen kann. Wir müssen sprachfähig sein und bleiben, um die Menschen zu erreichen. Ich wünsche mir einen friedlichen Dialog der Religionen, den gemeinsamen Einsatz für so wichtige Themen wie die Bewahrung der Schöpfung, die Gleichberechtigung der Menschen und für den Frieden auf der Welt.

Rogate-Frage: Wie würden Sie Ihre eigene Spiritualität beschreiben? Wann haben Sie Zeit für Gott, das Gebet und die Stille?

Friederike von Kirchbach: Meine Orte der Spiritualität sind besonders die Lieder unseres Evangelischen Gesangbuches. Als Tochter eines Pfarrers und einer Kantorin bin ich mit ihnen aufgewachsen, sie haben mich geprägt, ich finde in ihnen Trost und Zuspruch.
Das Gebet und mein Dialog mit Gott durchziehen meinen Alltag. Immer wieder gibt es Momente, in denen ich mich zurückbesinne  auf den, der uns leitet, ihm danke, mich manchmal auch ratlos an ihn wende. Und Stille – Stille empfinde ich z.B., wenn ich mit meinem Rad unterwegs bin durch die Stadt Berlin, auch wenn es laut ist um mich herum, es stellt sich Stille ein.
Stille und eine große Nähe zu Gott empfinde ich, wenn ich ein a capella Konzert mit den alten und vertrauten Adventsliedern höre und auch, wenn ich auf einer Radtour  durch die Mark Brandenburg eine der Dorfkirchen betrete, ganz allein in der Kirchenbank sitze und innehalte.

Rogate: Vielen Dank, Frau Pröpstin von Kirchbach, für das Gespräch!

Weitere Informationen zum Reformprozess der EKBO: reformprozess.ekbo.de

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenen Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan:2014 10 21 RogateAbendTestament

  • Dienstag, 21. Oktober 2014 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, anschließend Rogate-Abend: Testament und Patientenverfügung. Referent: Rechtsanwalt Holger Hillnhütter.
  • Donnerstag, 23. Oktober 2014 | 19:30 Uhr, Eucharistie
  • Sonnabend, 25. Oktober 2014 | 18:00 Uhr, Lichtvesper, Zwölf-Apostel-Kirche (mit der Alt-katholischen Gemeinde). Mit Kreiskantor Christoph Hagemann.
  • Dienstag, 28. Oktober 14 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet

Fünf Fragen an: Enno Ehlers zum Welthospiztag 2014

Fünf Freitagsfragen an Pastor i.R. Enno Ehlers, ehrenamtlicher Hospizseelsorger, über Lernbereitschaft in der Seelsorge, Erlebnisse mit Sterbenden und letzte Fragen. Zum Welthospiztag am 11. Oktober 2014.

Pastor i.R. Enno EhlersEnno Ehlers wurde in Vorpommmern geboren. Er lebt in Niedersachsen, genauer: im ehemaligen Großherzogtum Oldenburg, dort im Jeverland. Er ist gelernter Industriekaufman, Diakon, studierte Psychologie (Dipl.-Psych.) in Hamburg, nebenbei Theologie, machte das 2. theologische Examen. Tätig war er im Pfarrdienst der Oldenburgischen Kirche. Er ist dem Friedel-Orth-Hospiz in Jever weiterhin verbunden durch Seelsorge, Gottesdienste und Vorträge. Er arbeitet derzeit an der Herausgabe von Briefen eines Vorfahren, der Arzt bei einem russischen Fürsten war.

Rogate-Frage: Herr Pastor Ehlers, Sie haben lange als Seelsorger in einem Hospiz gearbeitet. Konnten Sie diesen besonderen Dienst sofort leisten oder sind Sie erst Lernender gewesen?

Enno Ehlers: Ein Gemeinplatz vorweg: Seelsorge ohne Lernbereitschaft und Selbstprüfung ist nicht gut vorstellbar.
Nach 30 Jahren Tätigkeit als Pastor war ich mit den Problemen im Zusammenhang mit dem Sterben und dem Tod vertraut. Das betrifft das Gespräch mit Sterbenden wie auch den Umgang mit den Angehörigen. Lernender in einem engeren Sinne war ich nicht.

Rogate-Frage: Was ist das Besondere an der Seelsorge im Hospiz?

Enno Ehlers: Im Hospiz arbeiten Schwestern und wenige Pfleger, die ausschließlich mit Gästen zu tun haben, deren naher Tod mit großer Wahrscheinlichkeit feststeht. Darin unterscheidet sich das Hospiz grundlegend von einem Krankenhaus. Hinzu kommt, daß sich erstaunlich viele Ehrenamtliche engagieren. Zum einen sind es solche, die für den guten Geist im Hause sorgen: Gäste wie auch Angehörige in einer großen Wohnküche begrüßen und bewirten und bei Veranstaltungen sich mit Ideen und Begabungen beteiligen. Zum anderen gibt es etliche Ehrenamtliche, die als ausgebildete Sterbebegleiter Gäste besuchen. Das hatte zur Folge, daß meine seelsorgerliche Tätigkeit sich sowohl in den Krankenzimmern wie auch im Gespräch mit Ehren- und Hauptamtlichen entfaltete und es noch in eingeschränktem Maße tut. Mir war es im Gespräch mit den Mitarbeitern wichtig zu betonen, daß sie in gleichem Maße Seelsorger sind, wie ich es auch bin. Besonders gilt das für die Schwestern, bei denen sich das Haptische mit dem Verbalen verbindet. Die Art und Weise, wie ein Gast berührt und bewegt wird und das begleitende Wort ist in höchstem Maße auch eine Ansprache an die Seele. Der Theologe als Seelsorger hat dieses Geschehen zu deuten und den Gehalt dieses Tuns in einen das Alltägliche überwölbenden Rahmen zu stellen. Analog zu den Gleichnissen Jesu: Das Himmelreich ist gleich…!
Es scheint mir von größter Wichtigkeit für die Pflegenden, sich als in einem solchen Rahmen tätig zu sein zu begreifen. Denn sie sind es, die die Rede von der Liebe Gottes handgreiflich erfahrbar machen.

Rogate-Frage: Haben Sie auch junges Sterben begleitet? Was antworten Sie auf die Frage, warum Gott nach unseren Kriterien und Vorstellungen so früh Menschen zu sich ruft?

Enno Ehlers: Junges Sterben habe ich selten begleitet. In aller Regel sind die Gäste im Hospiz reifere Erwachsene oder ältere Menschen. Zu einem Jungen, der noch keine 20 Jahre alt war und der über ein Jahr im Hospiz lebte, ist es mir nicht gelungen, ein intensiveres Verhältnis zu erlangen. Aus meiner Zeit als Gemeindepfarrer erinnere ich, daß ein Junge eher mich getröstet hat als ich ihn. Auf eine eigentümliche Weise schien er des Trostes nicht bedürftig.

Ich kann nicht mehr davon sprechen, dass Menschen durch eine unheilbare Krankheit von Gott gerufen werden. Das Schlimme, Schmerzhafte, Unheilbare kann ich nicht mit dem Willen Gottes in Verbindung bringen. Sollte es Gottes Wille sein, den Einen zu heilen, den Anderen aber sterben zu lassen? Die Einen in Unfälle zu verwickeln, die Anderen aber nicht?  Welchen Sinn hätte es dann, von Gott zu reden? Archaisches Denken, das alles Geschehen in Gott begründet sah, das nach meiner Einsicht von Jesus überwunden wurde, bringt uns heute in heillose Widersprüche.
Wohl aber kann ich, wenn es denn angezeigt ist, vom Licht, von der Wärme und von der Geborgenheit reden, von denen ich meine, dass sie göttliche Eigenschaften sind, denen wir alle entgegensehen werden. Ich versuche es anschaulich werden zu lassen in Erlebnissen, die mir Sterbende gegönnt haben.

Rogate-Frage: Welche Fragen werden in den letzten Wochen Sterbenden wichtig? Bleiben diese unbeantwortet oder haben Sie gemeinsam Antwortmöglichkeiten gefunden?

Enno Ehlers: Das ist sehr unterschiedlich und kann nur in Bezug auf jeden Einzelnen beantwortet werden.

Erstaunlich ist, daß sehr viel eher bei Menschen ohne kirchliche Bindung die Frage nach der Schuld auftaucht. Womit habe ich das verdient? Den alttestamentarischen Schuld-Ergehens-Zusammenhang gerade bei Menschen dezidiert atheistischer oder agnostischer Grundhaltung vermehrt anzutreffen, hat mich im Anfang meiner beruflichen Tätigkeit verblüfft und verblüfft mich noch immer. Es scheint sich wohl um ein archaisches Empfindungsmuster zu handeln, das dann in verschiedenen religiösen Zusammenhängen seine jeweilige Begründung erfuhr.  Es fiel den Betreffenden schwer, von dieser sie so sehr bedrängenden Frage Abschied zu nehmen. Der jesuanische Geist scheint in gewissen Ausmaß davor zu bewahren.
Manchen Menschen ist es ein Bedürfnis, eine Art Lebensbeichte abzulegen. Sie möchten von ihrem ganzen Leben erzählen, sodaß dafür mehrere Gespräche notwendig sind. Die Aufgabe des Seelsorgers besteht dann im anteilnehmenden Zuhören. Einige Männer haben ausführlich von ihren teils fürchterlichen Kriegserlebnissen erzählt. Auf die Frage, ob dieses schon einmal zur Sprache gekommen sei, wurde mit „Nein!“ geantwortet. Der Trost lag im Zuhören, ein Kommentar verbot sich. Der Tod kam dann bald.

Erstaunlich ist ebenfalls, daß sog. letzte Fragen häufig nicht gestellt werden. Der Kampf im Widerstreit der Gefühle vor dem näherrückenden Ende nimmt sehr viel Energie. Da ist die Begleitung und vorsichtige, dezente Zurückhaltung wichtiger als der Wunsch der Theologen, Antworten zu geben, von denen sie nicht selten meinen, daß sie für alle gültig seien.

Rogate-Frage: Was kommt nach dem Tode? Himmel? Ruhen in Frieden? Himmelfahrt?

Enno Ehlers: Wie soll diese Frage gültig oder nur plausibel beantwortet werden, wenn das Reich des Todes doch unbekannt ist? Das Wort Paradies, das Jesus gegenüber seinem ebenfalls gekreuzigten Nachbarn verwendet, nimmt eine gängige Metapher aus seiner Zeit auf. Er entfaltet nicht inhaltlich, was er damit gemeint hat. Seiner Predigt und seinem Leben gemäß wird die Gottesnähe gemeint sein, die in der irdischen Existenz wie auch jenseits dieser erfahrbar ist und dann ungebrochen sein wird.

Wie jemand gelebt und geglaubt hat, so wird er sterben. Eine Behauptung, deren tendentielle Richtigkeit ich unterstreichen möchte, die sich im Einzelfall aber bewähren wird. Der Glaube, welcher die Liebe ist, versetzt nicht nur Berge sondern öffnet auch den Himmel. „Requiesquat in pace“ ist ein Wunsch! „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt“ ist es ebenfalls. Die Musik öffnet hier gültigere Horizonte, als es Worte vermöchten. Vor einigen Tagen hörte ich wieder die Baß-Arie aus dem Messias „I know that my redeemer liveth.“ Darin: „We shall be changed!“ Wer diese Arie und darin die aufrüttelnde Trompete hört, wird verstehen, dass ich dazu nichts weiter sagen möchte und kann.

Ein Erlebnis doch: Ein Gast, der nicht mehr sprechen konnte, schrieb auf einen Zettel: Ich möchte getauft werden. Auf die Frage, warum er getauft werden möchte, schrieb er: „Ich muß sterben. Heimat.“ In seiner von den Angehörigen erzählten Biographie war vom Kontakt zur Kirche oder anderen Gemeinschaften nicht die Rede. Sein Wunsch war von daher nicht erklärlich. Seine Taufe ging uns sehr nahe. Auch sein Sterben, das ihm schwer wurde.

Rogate: Vielen Dank, Herr Pastor Ehlers, für das Gespräch!

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenden Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan:

  • Gedenken an die Toten des 1. Weltkrieges.Sonnabend, 11. Oktober 2014 | 12:00 Uhr, Mittagsgebet und Andacht für Trauernde, Neuer-Zwölf-Apostel-Kirchhof, Werdauer Weg 5, S Schöneberg. Mit Gedenken an die Toten des 1. Weltkrieges. Mit Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler, Tempelhof-Schöneberg.
  • Dienstag, 14. Oktober 14 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet
  • Donnerstag, 16. Oktober 14 | 19:30 Uhr, Komplet, das Nachtgebet, anschließend Mitgliederversammlung des Fördervereins

 

Gottesdienst: Gedenken an die Toten des 1. Weltkrieges am Sonnabend.

2014 10 11 Rogate Weltkrieg NK KopieDie Kirchhöfe der Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde Schöneberg und das Rogate-Kloster laden am Sonnabend, 11. Oktober 2014, zu einem Gedenkgottesdienst für die Schöneberger Opfer des 1. Weltkrieges ein. Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler wird während der Feier eine Totenehrung vornehmen. Anschließend ist ein Gang zu den Gräbern der Weltkriegsopfer auf dem Neuen-Zwölf-Apostel-Kirchhof vorgesehen.

In der Andacht wird zudem für die Menschen gebetet, die heute von Kriegen, Terror und Gewalt betroffen sind und der Toten gedacht, für die keine Trauerfeier stattgefunden hat. Der Gottesdienst beginnt um 12:00 Uhr auf dem Friedhof am Werdauer Weg 5, neben der S-Bahnstation Schöneberg.

Ebenso wie der Alte St.-Matthäus-Kirchhof war auch der Neue Zwölf-Apostel-Kirchhof von den Planungen Albert Speers zur Umgestaltung Berlins zur Welthauptstadt Germania betroffen. Im Januar 1939 wurde zunächst der mittlere und südliche – 26.000 m² umfassende – Teil des Friedhofs für den Bau des Südbahnhofs gebraucht. Die „Entwidmung“ betraf zwei Drittel des gesamten Areals, wodurch der Kirchhof erheblich an Substanz verlor. Die Räumung sollte bis Oktober 1939 beendet, und die Gräber von 7000 Toten sodann dem Stahnsdorfer Friedhof eingefügt sein. Eine Umsetzung nach dem Restteil des Neuen Zwölf-Apostel-Kirchhofs war nicht vorgesehen, da auch dieser später geräumt werden sollte. Der Kriegsbeginn im September 1939 stoppte die weitere Vernichtung des Friedhofs.

Termin: Sonnabend, 11. Oktober 2014 | 12:00 Uhr, Mittagsgebet und Andacht für Trauernde, Neuer-Zwölf-Apostel-Kirchhof, Werdauer Weg 5, S Schöneberg. Mit Gedenken an die Toten des 1. Weltkrieges. Mit Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler, Tempelhof-Schöneberg. Orgel: Martin Schmidt.

Fünf Fragen an: Volker Faigle, Beauftragter des Rates der EKD für den Südsudan und Sudan

Fünf Freitagsfragen an Dr. Volker Faigle, Beauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland für den Südsudan und Sudan, über einen fast verborgenen tödlichen Konflikt, sich nicht erfüllende Friedenshoffnungen und die Wichtigkeit pastoraler Visiten in Afrika.

Volker FaigleOberkirchenrat i.R. Dr. h.c. Volker Faigle stammt aus Baden-Württemberg, lebt aber seit vielen Jahren in Berlin. Er studierte evangelische Theologie in Deutschland und den USA, war Pfarrer in Bayern und Kenia und als Oberkirchenrat für die Beziehungen der EKD zu Afrika zuständig. Zuletzt war er in Berlin als Kirchendiplomat im politischen Bereich tätig. Im Ruhestand engagiert er sich weiterhin als Beauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland für den Südsudan und Sudan. Zudem ist er Vorsitzender des Domkirchenkollegiums am Berliner Dom.

Rogate-Frage: Herr Dr. Faigle, Sie sind Beauftragter des Rates der EKD für den Südsudan und Sudan. Welche Aufgaben sind damit verbunden?

Volker Faigle: Meine Aufgabe besteht zum einen darin, die Gremien der Evangelischen Kirche in Deutschland, aber auch Einrichtungen wie das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung, kontinuierlich über die Lage der Christen und die politischen Entwicklungen in beiden Ländern zu unterrichten. Darüber hinaus nehme ich durch Presseveröffentlichungen und Veranstaltungen öffentlich Stellung zu aktuellen Ereignissen in beiden Ländern. Dazu gehören uunter anderem auch Kontakte zum Auswärtigen Amt und zu anderen, sich mit der politischen Lage und mit Fragen der Menschenrechte befassenden Einrichtungen.

Der zweite Schwerpunkt betrifft die Kirchen im Sudan und Südsudan vor Ort. Dort begleite ich als ökumenischer Partner durch Pastoralbesuche die Kirchen, nehme an Konferenzen der Kirchenräte teil und führe Gespräche mit Kirchenleitungen und Gemeindegliedern. Die persönliche Präsenz von Partnern aus Übersee, die Gespräche und gemeinsamen Gottesdienste bedeuten den dortigen Kirchen in ihrer verzweifelten und scheinbar oft aussichtlosen Lage sehr viel. Neben kirchlichen Kontakten spielen auch die zu Regierungsstellen im Sudan und Südsudan sowie auch zu den Botschaften der beiden Länder in Deutschland eine Rolle.

Rogate-Frage: Sie sind mehrfach im Südsudan gewesen. Wie ist die Lage dort?

Volker Faigle: Im Jahre 2011 hat der Südsudan mit der Unabhängigkeit die lange ersehnte Befreiung von einem islamistisch geprägten und nicht gerade christenfreundlichen Regime erlangt. Die Hoffnung auf ein friedliches und auf eine bessere Zukunft ausgerichtetes Leben hat sich aber nicht erfüllt. Im Gegenteil, seit Dezember 2013 ist ein durch parteiinterne Rivalitäten ausgelöster Machtkampf, der sich mehr und mehr auch zu einem Kampf zwischen den verschiedenen Ethnien ausbreitete, ein Bürgerkrieg ungeahnten Ausmaßes entstanden. Mehr als hunderttausend Menschen haben in wenigen Monaten ihr Leben verloren, eine Million Menschen sind intern oder außerhalb des Landes auf der Flucht. Ein immer wieder angestrebter Waffenstillstand scheiterte bis zum heutigen Tage und die nötige Versöhnung ist in weite Ferne gerückt. Schon gibt es Stimmen, die den Südsudan als unregierbar bezeichnen. Dazu kommt noch die sich anbahnende Hungersnot, da aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen eine ordentliche Bewirtschaftung der Felder nicht möglich ist. Die Enttäuschung unter der Bevölkerung über die jetzt herrschenden Zustände ist unbeschreiblich groß.

Rogate-Frage: Der Vorsitzende des Rates der EKD, Nikolaus Schneider, konstatierte im Sommer: „Der Waffenstillstand zwischen den Konfliktparteien ist mehr als zerbrechlich.“ Was kann die Kirche vor Ort beitragen, damit ein Frieden möglicher erscheint?

Volker Faigle: Der Südsudan ist, im Gegensatz zum Sudan, überwiegend christlich geprägt. Auch die Kontrahenten gehören der einen oder anderen christlichen Konfession an. Die Kirche ist die einzige gesellschaftspolitische Kraft, die sowohl im ganzen Land verbreitet ist als auch großes Vertrauen sowohl bei der Bevölkerung als auch bei den Konfliktparteien genießt. Sie hat sich schon vor Dezember 2013 auf regionaler Ebene um Versöhnung zwischen rivalisierenden Gruppen und Ethnien bemüht und auch erstaunliche und nachhaltige Erfolge erzielt. Nach dem Ausbruch des Bürgerkriegs hat sie sich auch in die im äthiopischen Addis Abeba stattfindenden Friedensverhandlungen eingeschaltet. Allerdings ist auch den Kirchen bei den Friedensverhandlungen in Addis Abeba, im Gegensatz zum Jahre 1972, noch kein entscheidender Durchbruch auf nationaler Ebene gelungen. Wichtig ist, dass die Kirchen sich weiterhin politisch neutral verhalten und sie sich nicht von der einen oder anderen Seite vereinnahmen lassen.

Rogate-Frage: Im Juni reiste eine EKD-Delegation in die Krisenregion. Die EKD ließ anschließend verlauten: „Wir wollen die Christen im Südsudan und im Sudan mit unserem Pastoralbesuch wissen lassen, dass sie nicht vergessen sind“. Inwieweit helfen solche Besuche den Menschen dort?

Volker Faigle: Leider sind die übrigen Konfliktherde im Sudan (Darfur, Südkordufan und Blue Nile) wegen des Bürgerkriegs im Südsudan weithin wieder in Vergessenheit geraten. Dazu kommt noch die für die christliche Minderheit im Sudan drohende Marginalisierung durch islamistische Kräfte. Christen im Sudan haben den Eindruck, von der Weltöffentlichkeit vergessen worden zu sein. Ihre Lage wird immer bedrohlicher: Die Ausübung ihres Glaubens in der Öffentlichkeit wird mehr und mehr eingeschränkt und die Anwendung der strengen Scharia-Gesetze droht auch ihnen. Pastoralbesuche sind in dieser Lage notwendige Zeichen der Verbundenheit, der Solidarität und ein klares Signal an die politische Elite, dass die weltweite Ökumene ihre christlichen Schwestern und Brüder, aber auch andere religiöse Minderheiten, nicht vergessen hat. Dies wird neben der EKD u.a. auch beim Erzbischof von Canterbury und im Vatikan so gesehen. Darüber hinaus sind solche Besuche auch immer wieder wichtige Impulse für unsere Kirchen im Norden. Zum einen bezüglich der Fürbitte in unseren Gottesdiensten und zum anderen wegen der notwendigen Unterstützung, sei es durch die Katastrophenhilfe oder durch Projekte im entwicklungspolitischen Bereich. In dem Zusammenhang haben wir sowohl im Südsudan als auch im Sudan festgestellt, welche enorme Bedeutung unsere Unterstützung für die Bereiche der Frauenarbeit und der Bildung hat, insbesondere auch der theologischen Aus- und Fortbildung.

Rogate-Frage: Wie würden Sie eine Fürbitte, also ein Gebet im Gemeindegottesdienst für den Südsudan und die Menschen formulieren?

Volker Faigle: Ich würde in einer Fürbitte für den Südsudan nicht den Sudan mit seinen übrigen Konfliktherden vergessen. Dabei ist mir insbesondere die Lage der bedrängten Christen im Sudan wichtig. Im Südsudan ist vor allem der vielen Leidtragenden, die einen lieben und wichtigen Menschen verloren haben und deren Hoffnung auf ein besseres Leben völlig zerstört ist, zu gedenken. Darüber hinaus sind mir die vielen hunderttausend Menschen, die vertriebenen wurden und innerhalb und außerhalb des Landes auf der Flucht sind, ein Gebetsanliegen.

Für die Regierenden und Rivalen ist zu beten. Dass sie zur Einsicht kommen und persönliche Machtinteressen endlich zurückstellen und der Geist der Versöhnung und des Friedens endlich siegt.

Für die Kirchen, dass es ihnen gelingt, der Botschaft der Versöhnung und des Friedens zum Durchbruch zu verhelfen und für uns alle, dass wir in der Fürbitte und tätigen Nächstenliebe nicht nur durch Finanzen, sondern auch durch engagiertes Begleiten unserer eigenen politischen Kräfte Wege für eine bessere Zukunft des Südsudan und Sudan suchen.

Rogate: Vielen Dank, Herr Dr. Faigle, für das Gespräch!

Weitere Informationen: ekd.de

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenen Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan:

  • 1975214_857746527575550_8870122910474125824_nHeute, Freitag, 3. Oktober 2014 |15:00 Uhr, Gottesdienst für Mensch und Tier.  Predigt: Thomas Schimmel. Hier der Flyer 2014. Mit  dem Kummelby Kirchenchor aus Sollentuna-Stockholm. Orgel: Uwe Schamburek.
  • Dienstag, 7. Oktober 14 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet
  • Donnerstag, 9. Oktober 14 | 19:30 Uhr, Komplet, das Nachgebet
  • Sonnabend, 11. Oktober 2014 | 12:00 Uhr, Mittagsgebet und Andacht für Trauernde, Neuer-Zwölf-Apostel-Kirchhof, Werdauer Weg 5, S Schöneberg. Mit Gedenken an die Toten des 1. Weltkrieges. Mit Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler, Tempelhof-Schöneberg.
  • Unseren Gottesdienst-Plan für den Oktober finden Sie hier. Unseren November-Plan finden Sie hier.

Rogate-Kloster im Oktober: Tiersegnung, Kriegsgedenken und Testamentsberatung.

Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten im Oktober 2014 in der gastgebenden Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan.

Unseren Gottesdienstplan für den Oktober 2014 finden Sie hier.

Ausgewählte Rogate-Gottesdienste und Veranstaltungen:

  • Donnerstag, 2. Oktober 2014 | 19:30 Uhr, Komplet, das Nachtgebet
  • 1975214_857746527575550_8870122910474125824_nFreitag, 3. Oktober 2014 | 15:00 Uhr, Gottesdienst für Mensch und Tier. Hier der Flyer 2014. Predigt: Thomas Schimmel. Mit dem Kummelby Kirchenchor aus Sollentuna-Stockholm. Orgel: Uwe Schamburek.
  • Dienstag, 7. Oktober 14 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet
  • Donnerstag, 9. Oktober 14 | 19:30 Uhr, Komplet, das Nachtgebet
  • Sonnabend, 11. Oktober 2014 | 12:00 Uhr, Mittagsgebet und Andacht für Trauernde, Neuer-Zwölf-Apostel-Kirchhof, Werdauer Weg 5, S Schöneberg. Mit Gedenken an die Toten des 1. Weltkrieges. Mit Andacht für TrauerndeBezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler, Tempelhof-Schöneberg. Orgel: Martin Schmidt.
  • Dienstag, 14. Oktober 14 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet
  • Donnerstag, 16. Oktober 14 | 19:30 Uhr, Komplet, das Nachtgebet
  • Dienstag, 21. Oktober 14 |19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, anschließend Rogate-Abend: Testament und Patentenverfügung. Referent: Rechtsanwalt Holger Hillnhütter.
  • Donnerstag, 23. Oktober 14 | 19:30 Uhr, Eucharistie
  • Sonnabend, 25. Oktober 2014 | 18:00 Uhr, Lichtvesper, Zwölf-Apostel-Kirche (mit der Alt-katholischen Gemeinde)
  • Dienstag, 28. Oktober 2014 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet
  • Donnerstag, 30. Oktober 2014 | 19:30 Uhr, Komplet, das Nachtgebet

Vorschau November:

Erreichbar ist die Zwölf-Apostel-Kirche mit öffentlichen Verkehrsmitteln und über die U-Bahnhöfe: Kurfürstenstraße (U1) Nollendorfplatz (U1, U2, U3, U4). Oder per Bus: Kurfürstenstraße (M85, M48), Nollendorfplatz (M19, 187) und Gedenkstätte Dt. Widerstand (M29). PKW-Stellplätze vor dem Gemeindezentrum und in der Genthiner Straße.