Fünf Fragen zum 1. Advent: Kaplan Marc-Anton Hell, St. Matthias-Gemeinde Berlin

Marc-Anton HellFünf Freitagsfragen an Marc-Anton Hell, Kaplan in der St. Matthias-Kirchengemeinde in Berlin-Schöneberg, über den Inhalt des 1. Advents, die Höhepunkte der Vorweihnachtszeit im Gottesdienst und seine Aufgaben in der Gemeinde.

Rogate-Frage: Herr Kaplan Hell, wie begeht die Berliner St. Matthias-Gemeinde die Advents- und Weihnachtszeit in diesem Jahr?

Marc-Anton Hell: Wie jedes Jahr sehr feierlich und in freudiger Erwartung unseres Herrn. Die vier Adventssonntage stehen im Mittelpunkt dieser Zeit. Am ersten Adventssonntag steht die Wiederkunft Christi im Mittelpunkt, am zweiten und dritten Johannes der Täufer, der uns auf die Ankunft Christi vorbereitet und am vierten Maria, die Mutter des Herrn. Das ergibt ein thematisches Tryptichon, das auf den kommenden Christus verweist und uns auf seine Ankunft vorbereitet.

Rogate-Frage: Sie stehen am Sonntag der Messe in St. Matthias vor. Welchen Charakter, welche inhaltliche Ausrichtung hat der 1. Advent und worüber wollen Sie an diesem Tag predigen?

Marc-Anton Hell: Der erste Adventssonntag hat die Wiederkunft Christi zu Thema. Bernhard von Clairvaux, der Gründer des Zisterzienserordens, hat von einem dreifachen Kommen Christi gesprochen: in der Vergangenheit, damals in Bethlehem; in der Zukunft, am Ende der Zeiten und in der Gegenwart, heute, in dem Moment, in dem das Wort Gottes gehört und angenommen wird, kommt Christus zu uns, wird er in uns geboren. Damit ist auch schon ins Zentrum gehoben, was Adventszeit eigentlich bedeutet. „Seid wachsam!“, heißt es im Evangelium dieses Sonntags (Markus 13,33-37). Was das bedeutet und was wir tun können, um diese Ankunft Christi in der Gegenwart nicht zu verpassen, darum wird es in meiner Homilie gehen.

Rogate-Frage: Welche Gottesdienste in St. Matthias feiern und welche Lieder darin singen?

Marc-Anton Hell: Auch die Lieder werden von unserer Bereitschaft sprechen, Christus die Ankunft einfach zu machen: Macht hoch die Tür“ oder „Wir sagen euch an, den lieben Advent, …machet dem Herrn die Wege bereit! Freut euch, ihr Christen!“ In der ersten Messe am Samstagabend um 18:00 Uhr werden wir den Adventskranz segnen und feierlich entzünden.

Überhaupt haben die vielen Messen in unserer Kirche einen je ganz eigenen Charakter: ob es die nüchterne Samstag-Vorabendmesse ist, die Messe für die frühen Vögel um 8:00 Uhr, die Familienmesse um 9.30 Uhr mit Kinderchor und dem Kinder-Gewusel, das feierliche lateinische Hochamt um 11:00 Uhr mit Chorgesang oder auch die eher jugendlich angehauchte Abendmesse um 19:00 Uhr bei gesunkenem Licht – jede Messe hat ihren ganz eigenen Charakter und für jeden Geschmack ist etwas dabei. In wenigen Stunden ist der Besucher in ganz verschiedene Welten eingetaucht. Einfach vorbeikommen und die Kraft einer solchen Eucharistiefeier erleben!

Rogate-Frage: Wie lautet Ihr Tages- bzw. Kollektengebet für diesen Tag?

Marc-Anton Hell: „…Hilf uns, dass wir auf dem Weg der Gerechtigkeit Christus entgegengehen und uns durch Taten der Liebe auf seine Ankunft vorbereiten…“

Rogate-Frage: Wie gestalten Sie persönlich Ihre Adventszeit?

Marc-Anton Hell: Ich nehme mir vor, mehr zu beten. Mehr Zeit mit dem Herrn zu verbringen. Ist erstmal ein Vorsatz – hoffentlich klappt’s…

Rogate-Frage: Warum sind Sie Pfarrer geworden und was schätzen Sie an Ihren Aufgaben als Kaplan?

Marc-Anton Hell: Die Geschichte meiner Berufung gibt es hier zu finden (Link zum Erzbistum). In der Gemeinde St. Matthias, in der ich jetzt bereits im fünften Jahr tätig bin, ist mein Dienst äußerst vielfältig. Von der Arbeit in der St.-Franziskus-Schule, über die vielen Besuche und Gespräche und Kinder- und Jugendarbeit, bis hin zu Beerdigungen, Taufen, Hochzeiten bleibt keine menschliche Wirklichkeit ausgespart. Und das ist wunderschön. Wie es in einem unserer Hochgebete heißt: den Armen die Botschaft von Heil zu verkünden, den Gefangenen Freiheit, den Trauernden Freude – das bedeutet Anteil zu haben an Christus, der den Menschen begegnen will, und mich als seinen Mitarbeiter ruft, um ihm zu helfen. Und das ist großartig – es gibt nichts Schöneres und Erfüllenderes!

Rogate: Herr Kaplan Hell, vielen Dank für das Gespräch!

Mehr über Marc-Anton Hell erfahren Sie hier.

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenden Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan:

  • Einladung LichtvesperSonnabend, 29. November 2014 | 18:00 Uhr, Lichtvesper, Kapelle Zwölf-Apostel-Kirche (mit der Alt-katholischen Gemeinde)
  • Dienstag, 2. Dezember 2014 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 4. Dezember 2014 | 19:30 Uhr, Adventsandacht, Zwölf-Apostel-Kirche. Orgel: Malte Mevissen.
  • Dienstag, 9. Dezember 2014 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 11. Dezember 2014 |19:30 Uhr, Adventsandacht, Zwölf-Apostel-Kirche. Orgel: Malte Mevissen.
  • Den Monatsplan Dezember finden Sie hier.

Ehrung: Schöneberger Verdienstmedaille 2014 für Waltraud Wendland

Superintendentin Dr. Klostermeier verleiht die Urkunde an Waltraud Wendland

Waltraud Wendland, Gründungsmitglied des Rogate-Klosters, 2. Vorsitzende des Trägervereins und Janitorin, arbeitet seit nun 50 Jahren ehrenamtlich in der Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde in verschiedenen Funktionen.

Gestern, 26. November 2014, wurde ihr die Verdienstmedaille des Bezirks Tempelhof-Schöneberg von Berlin verliehen. Laudatorin war die Superintendentin des Kirchenkreises Schöneberg, Dr. Birgit Klostermeier. Sie würdigte den jahrzehntelangen Einsatz in vielfältigen Funktionen der Kirche, bei der Gründung und im Leben des Klosters.

Im Rahmen einer Feierstunde im Rathaus Schöneberg wurden sieben weitere Ehrenamtliche, die sich aufgrund ihres besonderen und nachhaltigen Engagements um die Allgemeinheit verdient gemacht haben, ausgezeichnet.

Weitere Bilder finden Sie hier in einer Facebook-Bilderstrecke: Facebook.com/Rogatekloster

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Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenden Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan:

  • Einladung LichtvesperDonnerstag, 27. November | 19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachtgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Sonnabend, 29. November 2014 | 18:00 Uhr, Lichtvesper, Kapelle Zwölf-Apostel-Kirche (mit der Alt-katholischen Gemeinde)
  • Dienstag, 2. Dezember 2014 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 4. Dezember 2014 | 19:30 Uhr, Adventsandacht, Zwölf-Apostel-Kirche. Orgel: Malte Mevissen.

Fünf Fragen an: P. Franz-Michael Mohrenweiser OSB, Wallfahrtspriester in Maria Plain

Fünf Freitagsfragen an Pater Franz-Michael Mohrenweiser OSB, Wallfahrtspriester an der Basilika Maria Plain, über den Zugang zur Bibel, den Sitz von Gottes Wort im Leben und das Abenteuer der Begegnung mit Gott.

Pater Franz-Michael Mohrenweiser OSB P. Franz-Michael Mohrenweiser OSB wurde 1943 in Berlin geboren, verlor seine Eltern im Zweiten Weltkrieg und wuchs in einem Kinderheim in Lichterfelde-Süd auf. Er erlernte die große Krankenpflege an der Uni-Klinik in Düsseldorf. Das 2war nur ein Durchgang, da er auf dem zweiten Bildungsweg Priester werden wollte. Später Studium der Religionspädagogik und der Theologie. Priesterweihe am 18. März 1978. Danach u.a. als Jugend-, Alten- und Krankenhaus-Seelsorger tätig bis 1997 zur Übertragung dreier Pfarrgemeinden als Pfarrer. 2002 Wechsel zu den Benediktinern nach Salzburg. Seit 2009 Jahren als Wallfahrtspriester in Maria Plain eingesetzt, dem Wallfahrtsort des Salzburger Landes.

Rogate-Frage: Pater Franz-Michael, was raten Sie jemandem, der gern die Bibel entdecken und sie besser kennenlernen will?

Franz-Michael Mohrenweiser: Ich denke, dass man einem Interessierten an der Bibel, nicht mit zuvielen theoretischen Kram kommen sollte. Es ist ein Abenteuer, sich auf die Texte der Bibel einzulassen, egal, ob es das Alte oder Neue Testament ist. Um die Bibel besser kennenzulernen, muss ich nicht studiert haben oder eine besondere Ausbildung genossen haben. Die Texte und der Inhalt der Bibel hat Jedem etwas zu sagen. Gott teilt sich dem Leser mit, wie dieser es aufnehmen und verstehen kann. Dem Interessierten muss ich klar sagen, das er sich in eine Zeit einläßt beim Lesen der Texte, die ein anderes Gottes- und Menschenbild hatte, als es heute der Fall ist. Ich würde den Interessierten einladen, sich einfach mal einen Text zu suchen und ihn zu lesen. Er sollte den Text auf sich wirken lassen und ich würde ihn fragen,  w a s  ihm dieser Text gesagt hat. W i e  hat dieser Text auf ihn gewirkt oder gar ausgelöst an Fragen.

Rogate-Frage: Manche an der Bibel-Interesierte erzählen, dass sie versuchten, die Bibel von Anfang an bis zum Ende durchzulesen. Ist dieser Weg sinnvoll?

Franz-Michael Mohrenweiser: Die Bibel ist kein Lesebuch im herkömmlichen Sinne. In der Exegese sagt man, dass sie inspiriert sei, also nicht nur Menschenwerk ist und von ihm erdacht als eine schöne Lektüre, sondern der Heilige Geist habe – möchte es so mal ausdrücken -, mit dem Schreiber mitgeschrieben und eingegeben. Deshalb ist es letztlich Gottes Wort. Gott bedient sich des Menschen, um sich ihm verstandesmäßig mitzuteilen. Deshalb halte ich es nicht für ratsam, es von Anfang an bis zum Ende zu lesen, weil jeder einzelne Abschnitt und Text schon eine ganz persönliche Aussage und auch Mitteilung Gottes an den Leser ist.

Rogate-Frage: Welche Brille setzen Sie auf, wenn Sie privat in der Bibel lesen und wie sprechen die Inhalte dann zu Ihnen?

Franz-Michael Mohrenweiser: Nicht anders, als ich es in der zweiten Frage gesagt habe. Auch im Lesen der Bibeltexte ganz privat, spricht Gott zu mir, der mir dadurch was sagen will, was für mein Leben wichtig ist! Dabei habe ich natürlich auch immer im Hinterkopf – wie die Exegesen sagen – , den Sitz im Leben des jeweiligen Textes und seiner Aussage, die
an mich ganz persönlich gerichtet ist. Ich muss den Text übersetzen in unsere Zeit und Verständnis, umzusetzen im meine derzeitige Lebenssituation und den Bezug zu meinem jetzigen Leben herzustellen.

Rogate-Frage: Es gibt Fragende, die gerne beten möchten und nicht wissen wie. Ihr Tipp?

Franz-Michael Mohrenweiser: Ich versuche demjenigen klarzumachen, das Beten sprechen ist wie mit einem guten Freund, also auch hier im Gebet ich mit Gott reden kann, ganz normal ohne Floskeln und großartigen Worten oder gar festgelegten Texten. Wie redest Du mit Deinem Freund? Genauso rede mit Gott, wenn Du betest!

Rogate-Frage: Welche Rituale können für die Bibellese und das Beten hilfreich sein?

Franz-Michael Mohrenweiser:  Es braucht keine Rituale, zumal wir von Menschen ausgehen, die keine Profis sind in dieser Richtung. Jeder muss für sich herausfinden, wie er sich die Schrift erschließt, um daraus Nutzen für sein persönliches Leben zu ziehen. Die Methode kann ganz verschieden sein, sie muss dem einzelnen Leser und Beter angemessen sein; denn jeder ist in der Schrift der Bibel und im Gebet ganz persönlich gemeint und angesprochen. Es ist und bleibt letztlich ein Abenteuer und eine ganz persönlich Begegnung mit Gott im Lesen der Bibel und im Gebet!

Weitere Informationen über die Wallfahrtskirche Maria Plain hier: mariaplain.at

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenden Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan:

  • Einladung LichtvesperDienstag, 25. November 14 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 27. November | 19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachtgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Sonnabend, 29. November 2014 | 18:00 Uhr, Lichtvesper, Kapelle Zwölf-Apostel-Kirche (mit der Alt-katholischen Gemeinde)
  • Dienstag, 2. Dezember 2014 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 4. Dezember 2014 | 19:30 Uhr, Adventsandacht, Zwölf-Apostel-Kirche. Orgel: Malte Mevissen.

 

Rückblick: Ansprache von Bezirksbürgermeisterin Schöttler zum Gedenken an die Weltkriegsopfer

Gedenken auf dem Neuen -Zwölf-Apostel-Kirchhof

Gedenken auf dem Neuen -Zwölf-Apostel-Kirchhof

Die Kirchhöfe der Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde Schöneberg und das Rogate-Kloster hatten am 11. Oktober 2014 zu einem Gedenkgottesdienst für die Schöneberger Opfer des 1. Weltkrieges eingeladen. Die Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg, Angelika Schöttler, nahm während der Feier eine Totenehrung vor. Anschließend gab es einen Gang zu den Gräbern der Weltkriegsopfer auf dem Neuen-Zwölf-Apostel-Kirchhof. In der Andacht wurde zudem für die Menschen gebetet, die heute von Kriegen, Terror und Gewalt betroffen sind und der Toten gedacht, für die keine Trauerfeier stattgefunden hat. Anlässlich des Volkstrauertages 2014 dokumentieren wir hier die Rede. Ansprache von Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler in der Kapelle des Neuen Zwölf-Apostel-Kirchhofs:

„So wie dieser Krieg schrecklicher war als jeder Krieg der Geschichte, würde der nächste noch schrecklicher werden als dieser,“ so der britische Ex-Außen- und -Kriegsminister Lord Lansdowne im November 1917. Der weitere Verlauf der Geschichte sollte ihm Recht geben. Leider! Zu Hunderttausenden zogen 1914 junge Männer ins Feld, im Kopf den Krieg, wie ihre Väter und Großväter ihn erlebt hatten. Welche Gewalt dieser neue Krieg entfesseln würde, war ihnen nicht bewusst. Millionen von Opfern und verwüstete Länder waren sein schreckliches Ergebnis. Wir sind die Enkel und Urenkel derjenigen, die vor 100 Jahren in den Krieg zogen, in dem Glauben, ihn binnen weniger Wochen für sich zu entscheiden – voller Übermut und Verblendung. Wir sind die Enkel und Urenkel derjenigen, die auf den Schlachtfeldern dieses furchtbaren Krieges fielen oder schwer verwundet in die Heimat zurückkehrten. Ihrer aller erinnern wir heute im stillen Gedenken. Wir – in Deutschland – leben nun schon seit über 69 Jahren in Frieden. Angesichts der vielen aktuellen Konflikte erscheint die Hoffnung auf einen Frieden in der gesamten Welt jedoch wie ein frommer Wunsch, der niemals in Erfüllung gehen wird. Das Ausmaß an Elend und Leid auf der Welt ist unvorstellbar und die Nachrichten, die uns jeden Tag erreichen sind beängstigend. Die aktuellen Bilder aus Syrien brennen in unserer Seele, der Nahostkonflikt, für den es scheinbar keine Lösung gibt, macht uns ratlos.

Gedenken auf dem Neuen -Zwölf-Apostel-Kirchhof

Gedenken des Rogate-Klosters am 11. Oktober auf dem Neuen -Zwölf-Apostel-Kirchhof

Immer mehr Menschen strömen in unser Land, die dem Krieg und der Verfolgung entronnen sind. Mit anderen Worten: Auch bei uns, die wir die längste Friedensphase unserer Geschichte erleben dürften, ist der Krieg allgegenwärtig. Doch auch wenn wir von einem Weltfrieden noch so weit entfernt sind, dürfen wir die Hoffnung nicht aufgeben, dass Krieg überwunden werden kann und die Menschen lernen, in Frieden miteinander zu leben. Wohlstand, Bildung und Freiheit können hierfür die Schlüssel sein. Ein jeder von uns kann seinen Beitrag hierfür leisten, wenn vielleicht auch nur in kleinem Rahmen. Wir dürfen nicht weghören, wenn gehetzt wird. Wir dürfen nicht wegschauen, wenn Unrecht geschieht. Wir brauchen tolerante Gesellschaften – hier und überall in der Welt. Es geht um ein eindeutiges Bekenntnis zum Frieden! Abstrakt kann man dieses Bekenntnis in der Präambel zum Grundgesetz nachlesen. Konkret setzen wir heute Zeichen der Solidarität mit den Hinterbliebenen durch

  • Abscheu vor Krieg und Gewalt
  • Achtung vor den Opfern und ihren Angehörigen
  • Aufmerksamkeit in Gegenwart und Zukunft gegenüber kriegerischen Konfliktlösungen und Gewaltbereitschaft.

Lassen Sie uns deshalb gemeinsam an die Toten der Kriege und Gewaltherrschaft denken. und ein Bekenntnis zum Frieden ablegen.“

_________________________________________________ Terminhinweise für die öffentlichen Gottesdienste des Rogate-Klosters in der gastgebenen Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan:

  • Einladung LichtvesperDienstag, 18. November 2014 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 20. November 2014 | 19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachtgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Dienstag, 25. November 14 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 27. November | 19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachtgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Sonnabend, 29. November 2014 | 18:00 Uhr, Lichtvesper, Kapelle Zwölf-Apostel-Kirche (mit der Alt-katholischen Gemeinde)
  • Dienstag, 2. Dezember 2014 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 4. Dezember 2014 | 19:30 Uhr, Adventsandacht, Zwölf-Apostel-Kirche. Orgel: Malte Mevissen.
  • Den Monatsplan Dezember finden Sie hier.

Fünf Fragen an: Martin Bindemann, Aktionsgruppe Stolpersteine Kleinmachnow

Fünf Freitagsfragen zum Volkstrauertag 2014 an Martin Bindemann, Diakon der Auferstehungs-Kirchengemeinde Kleinmachnow, über Recherchen in der jüngeren deutschen Geschichte, eine Mut machende Stele und überraschende Entdeckungen in der Ortschronik.

Martin BindemannMartin Bindemann wurde in Jena geboren und wuchs in Greifswald, Stralsund, Rostock, Eberswalde-Finow und Teltow auf. Er ist seit 1997 für den Bereich Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in der Auferstehungs-Gemeinde tätig. Er engagiert sich für Flüchtlinge und Migranten, für Arbeitslose, für den Erhalt der Natur und die Gemeinde. Die Aktionsgruppe Stolpersteine in Kleinmachnow leitet er.

Rogate-Frage: Herr Bindemann, Sie haben in der evangelischen Kirchengemeinde Kleinmachnow eine Projektgruppe Stolpersteine ins Leben gerufen. Wie ist es dazu gekommen?

Martin Bindemann: Es begann 1995. In einem Jugendgremium, dem Kreisjugendkonvent, hörten die Vertreterinnen und Vertreter unserer Gemeinde von dem Projekt. Damals wurde überlegt, ob es ein denkbares Projekt für Berlin-Zehlendorf sei. In unserer Jugendarbeit war die Überzeugung sofort da, dass dieses auch, oder gerade unser Thema sei. So erklärten sich fünf Jugendliche bereit, die ersten Schritte mit mir zu unternehmen. Wir berieten mit der Kirchengemeinde, gewannen den Heimatverein Kleinmachnow e.V. zur Kooperation und fanden mit dem damaligen Bürgermeister und heutigen Landrat Wolfgang Blasig einen Schirmherren.

Rogate-Frage: Bei Stolpersteinen und der Recherche von Adressen haben sie es nicht belassen, sondern sich auf die Suche nach „Stillen Helden“ begeben. Wie kam es zu der Ausweiterung Ihrer Arbeit?

Martin Bindemann: Während der Recherchen zu den Opfern und dem damit verbunden Recherchieren in den Geschichten des Ortes erfuhren wir nach und nach vom Überleben in Kleinmachnow, vom Versteckern und Verstecken. Drei Leute unserer Gruppe begannen, sehr akribisch zu suchen. Es zeigte sich, dass es einige hörenswerte Berichte aus unserem Ort gibt. Wir begannen, zu sammeln und zu analysieren. Gemeinsam mit der Gedenkstätte Deutscher Widerstand und anderen Partnern, wie unter anderem dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv, fanden wir Dokumente, Zeugnisse und Zeugen und konnten beginnen aufzuarbeiten.

Rogate-Frage: Die Erinnerung und Erkenntnis wuchs und wurde zur Stele für Dr. Margarete Sommer. Wer war sie und was haben Sie über sie herausgefunden?

Martin Bindemann: Frau Dr. Margarete Sommer ist nur eine Person auf der Stele. Die Stele ist für allen Mut und alles Überleben. Unter dem Titel: „JA! Ich will eine Stele für den Mut und das Überleben!“ warben und informierten wir etwa 18 Monate lang. Frau Sommer, in der Tat eine Berühmtheit der Stillen Helden, lebte in Kleinmachnow. Sie war angestellt beim Bischöflichen Ordinariat Berlin. Ihr Auftrag, den Schutz und Hilfe für katholisch getaufte Juden, weitete sie aus. Sie organisierte Netzwerke der Hilfe. Sie sorgte für Verstecke, Lebensmittel, (falsche) Papiere und mehr. Sie erhielt mehrere Ehrungen, davon ist die Ehrung in Yad Vashem die wohl international bedeutendste. Darum war es für uns naheliegend, diesen Platz, an dem die Stele aufgestellt werden würde, nach ihr zu benennen. Aber gegen alle Missverständnisse: Die Stele steht für allen Mut und für alles Überleben.

Rogate-Frage: Im Mai 2014 gab es sogar einen großen Festakt für Dr. Sommer. Was war Ihnen wichtig im Gedenken an diese herausragende Persönlichkeit?

Martin Bindemann: Wir sind auf der Suche nach Vorbildern. Mit Frau Sommer haben wir ein solches Vorbild. Aber noch einmal: Es ging uns um alles Tun! Natürlich stand Frau Sommer auch während der Stelen-Übergabe in etwas besonderer Weise im Mittelpunkt. Schon weil die Platzbenennung eine eigene Würdigung darstellt. Dennoch, jede Hilfe, jedes gute Wort, jede Gabe über den Gartenzaun, jedes Begleiten auf Spaziergängen, jede Unterstützung aus Amtsstuben, jedes Vertuschen von zwangsweise geführten Zusatznamen bedeutete Mut und eigenes Risiko. Wer nachhaltig und dauerhaft half, stellte sich auf die Seite der Ausgegrenzten. Jeder Mut bedeutete auch sich selbst und seine Familie in Mitleidenschaft und persönliche Lebensgefahr zu ziehen. Das immer wieder zu sagen ist unserer Gruppe ein Herzensanliegen.

Rogate-Frage:  Warum ist es wichtig, dass christlich-kirchliche Gruppen die Erinnerung an Krieg, Terror und Unterdrückung wachhalten?

Martin Bindemann: Ich denke, gerade die Kirchen stehen in religiöser und gesellschaftlicher Verantwortung. Wir Gemeinden sind Wertevermittler. Zum Wert einer Gesellschaft gehört der Umgang mit Geschichte und Verantwortung. Die Generationen nach 1945 stehen nicht in der Verantwortung der Schuld, aber in der Verantwortung der Erinnerung. Darum, denke ich ist es wichtig, dass sich Kirche(n) dieser Zeit und diesem Thema stellen. Die Rolle der Kirche(n) ist zudem nur ungenügend aufgearbeitet. Bekenntnissynoden und deren Erklärungen, wie zum Beispiel in Barmen, waren sehr wichtig und zukunftweisend. Die Frage ist allerdings, werden diese Bekenntnisse heute noch mit Bedacht gesprochen, beherzigt und behandelt? Auch wenn es Landeskirchen gibt, die Pfarrerinnen und Pfarrer auf die theologischen Erklärung von Barmen ordinieren, steht Kirche auch in der Verantwortung der Erinnerung. Ein nächstes Vorhaben der Aktionsgruppe Stolpersteine wird sich auch damit befassen.

Rogate: Vielen Dank, Herr Bindemann, für das Gespräch!

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenen Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan:

  • Einladung LichtvesperDienstag, 18. November 2014 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 20. November 2014 | 19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachtgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Dienstag, 25. November 14 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 27. November | 19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachtgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Sonnabend, 29. November 2014 | 18:00 Uhr, Lichtvesper, Kapelle Zwölf-Apostel-Kirche (mit der Alt-katholischen Gemeinde)

Fünf Fragen an: Kathrin Stahl, Fotografin und Projektleiterin „Max ist Marie“

Fünf Freitagsfragen an Kathrin Stahl, Fotografin, über „Mein Sohn ist meine Tochter ist mein Kind“, ein Foto- und Textprojekt-Engagement über und für transidente Menschen. Ein Projekt, das mit einem Fotoshooting mit ihrer Tochter Marie begann, die einmal ihr Sohn war.

Kathrin StahlKathrin Stahl lebt mit ihrem Mann, ihren drei Kindern, Hund und Katze in Hamburg. Als Lifestyle-Fotografin ist sie in ganz Europa unterwegs. Sie liebt Spaziergänge im Wald, Lachen mit ihren Kindern, Abende mit Freunden, Schwimmen und die Sonne.
Mit ihrer freien dokumentarischen Arbeit „Max ist Marie oder mein Sohn ist meine Tochter ist mein Kind“ setzt sie sich dafür ein, dass die Thematik „Transidentität“ aus der Zoo-ähnlichen Exotik befreit und als das Alltägliche wahrgenommen wird, das es ist.

Rogate-Frage: Frau Stahl, Sie haben mit großem Gespür und behutsam das Fotoprojekt „Max ist Marie oder mein Sohn ist meine Tochter ist mein Kind“ ins Leben gerufen. Wie beschreiben Sie es jemandem, der von dem Thema noch nie etwas gehört hat?

Kathrin Stahl: „Max ist Marie“ ist ein Foto- und Text-Projekt für und über transidente Menschen. Es begann mit einem Fotoshooting meiner eigenen Tochter, die bis vor kurzem noch mein Sohn war.

„Max ist Marie“ handelt von Menschen, die im falschen Geschlecht geboren wurden. Menschen, die meist bereits als Kind merkten, dass sie anders sind, als all die anderen Jungs, all die anderen Mädchen, mit denen sie sich eigentlich doch identifizieren sollten. Mit denen sie spielen wollten und es doch nur konnten, wenn sie sich verstellten. Menschen, denen das „Sich-Verstellen“, das „Sich-Anpassen“ an das Geschlecht, in dem sie geboren wurden, ein Lebensmuster wurde, das unbeschreiblich viel Kraft kostet und aus dem sie irgendwann ausbrechen müssen, um überleben zu zu können.

Als Fotografin nähere ich mich dem Thema in Bildern. Ich zeige transidente Menschen in ihrem Umfeld, mit dem was ihnen wichtig ist im Leben. Es sind Menschen jeden Alters. Menschen, die sich mit 16 geoutet haben oder mit 63: „Ich lebe ab sofort als das, was ich bin – nicht mehr als Frau, sondern als Mann; nicht mehr als Mann, sondern als Frau.“
Für „Max ist Marie“ besuche ich transidente Menschen, die diesen Schritt gegangen sind, sei es vor Jahren, sei es vor kurzem. Meine Bilder zeigen die Menschen, die hinter der großen, für viele unbekannten Thematik „Transidentität“ (früher: „Transsexualität“) stehen. Menschen, die ganz normale Leben führen, wie wir alle, die nicht zu etwas Exotischem werden, dadurch, dass sie transident sind. Es sind Menschen, die studiert haben oder nicht, die Familie haben oder alleine leben, die den Trubel der Großstadt lieben oder die Ruhe auf dem Land: Sie alle darf ich für „Max ist Marie“ fotografieren und so in Bildern porträtieren. Die Bilder werden unterstützt von Texten. Sie erzählen mir und uns einerseits von beeindruckenden Lebenswegen, denen wir nur größten Respekt zollen können, andererseits aber auch von Alltäglichem, mit dem wir Menschen uns eben so beschäftigen.
In „Max ist Marie“ geht es mir darum, die trans* Thematik als das “Normale” zu zeigen, das es eben ist. Als etwas, das Menschen, die sich vorher nicht damit beschäftigt haben, verstehen können wollen und sollen. Etwas, das ganz einfach da ist, so wie es ist.

In diesem Projekt habe ich mich für eine schwarz-weiße Bildsprache entschieden. Diese spiegelt unser aller Schwarz-weiß-Denken wider, dass wir manchmal haben, wenn es um ein Anderssein geht. Auch soll nichts ablenken von dem, was wichtig ist und den Menschen ausmacht. Die Texte sollen einfühlsam den Menschen hinter der Geschichte zeigen.

Rogate-Frage: Wie war es, als Sie als Mutter erfuhren, dass ihr Sohn sich in seinem Körper und in seiner Rolle nicht zuhause fühlt? Was hat Ihnen geholfen?

Kathrin Stahl: Vor ein paar Jahren begann unser Kind, von dem wir dachten, es sei unser Sohn, nur noch geschminkt aus dem Haus zu gehen. Zum Ausgehen warf es sich in kurze Röcke und stöckelte auf High Heels davon. Anfangs dachten wir, er wolle uns damit provozieren.
Mit der Zeit wurde uns klar, dass das, was da geschah, mit Provokation nichts zu tun hatte: Unser Sohn war nicht unser Sohn, sondern unsere Tochter. Und das war keine Phase, die sich irgendwann wieder legen würde. Das „Verkleiden“ war kein Verkleiden, sondern das Leben der eigenen Identität. Es war also nicht so, dass wir irgendwann „erfuhren“, dass wir eine Tochter haben; vielmehr war es eine Entwicklung. Es war ein Weg, der uns am Anfang nicht leicht fiel; es gab Momente, in denen ich dachte, „alles hätte so einfach sein können“, nicht nur für uns, sondern besonders für unser Kind. Aber wer sagt denn, dass es einfacher gewesen wäre, wenn unser Sohn unser Sohn geblieben wäre. Es hätte so vieles andere passieren können.
Heute ist dieser Weg einer, den wir eben gehen, der für uns als Familie so vorgesehen war. Einer, der uns bereichert und uns den Blick für das Wesentliche im Leben öffnet. Schmerzvoll ist es, wenn das eigene Kind fast täglich von neuen Verletzungen erzählt. Verletzungen der Seele durch Menschen, die verletzend sind, weil sie kein Interesse daran haben, sich mit einem Thema auseinanderzusetzen, das nicht in ihre Welt gehört.

Am meisten hat mir auf diesem Weg Maries Offenheit geholfen. Wir haben viel geredet und tun das noch immer. Weder damals noch heute bin ich zu Beratungsstellen gegangen und war auch nicht in Internetforen unterwegs. Gespräche mit Freunden waren und sind sehr wertvoll, auch und gerade wenn sie sich selber bisher gar nicht mit dem Thema Transidentität befasst haben. Sie lenken den Blick auf das Menschliche, weg vom Thema „Transidentität“ und das ist es doch eigentlich worum es geht.

Rogate-Frage: Was war der Anfang des Fotoprojektes und was macht es mit Ihnen und Ihrer Familie?

Kathrin Stahl: Wir, und insbesondere natürlich unsere Tochter, hatten, seit „Transidentität“ Teil unserer Familie ist, so viel erlebt. So viel Verletzendes musste unsere Tochter erfahren, nicht nur durch Menschen, sondern auch durch Institutionen wie der Krankenkasse.
Es musste doch eine Möglichkeit geben muss, wenigstens etwas Kleines zu bewegen. Der Gedanke, dass man der Welt irgendwie zeigen müsse, wie es Transgender-Menschen (er)geht, ließ mich nicht mehr los. Da Bilder meine Sprache sind, entwickelte sich die Idee zu einem einfühlsamen Fotoprojekt. Unterlegt mit Texten. Anfang des Jahres fragte ich unsere Tochter, was sie davon hielte, wenn ich ein Fotoprojekt zum Thema „Transgender“ machen würde. Ich glaube, Marie freute sich darüber, dass ich mit „ihrem Thema“ derart intensiv auseinander setzen wollte. Gleichzeitig hatte sie Bedenken, dass sich nicht genügend transidente Menschen finden würden, die bereit wären, sich fotografieren und interviewen zu lassen. Und sie hatte Sorge, dass sich das Projekt negativ auf meine Buchungen als Kinder- und Hochzeitsfotografin auswirken könnte.

Wir begannen vorsichtig mit einer Bildstrecke über Marie. Und waren und sind völlig überwältigt von dem, was nach der Veröffentlichung im Blog passierte: In den Stunden danach explodierte mein Maileingang förmlich. Viele „meiner“ Brautpaare schrieben mir wunderschöne anerkennende Zeilen. Es gab Interviewanfragen von verschiedensten Seiten. Über 50 transidente Menschen schrieben mir und möchten unser Projekt mit ihrem Porträt unterstützen. Es gab unzählige Kommentare unter dem Blogeintrag. Kein einziges negatives Wort.
Die Gespräche, die ich bisher mit anderen transidenten Menschen führen durfte, bewegen mich sehr. Sie zeigen mir, wieviel Kraft manche Menschen zum Leben brauchen. Es sind sehr hoffnungsvolle Gespräche mit einem nach vorne gerichteten Blick. Ich bin sehr dankbar dafür, so viel Offenheit erleben zu dürfen. Marie und mich hat das Projekt noch näher zusammen geführt. Der ganzen Familie hilft es, sich noch intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen und besser zu verstehen, was Marie bewegt und wie wir sie unterstützen können.

Rogate-Frage: Wie ist es für Menschen mit transidentem Hintergrund, sich in unserer Gesellschaft zu bewegen? Was könnte gesellschaftlich helfen, um das Thema Transgender besser zu transportieren und um zur Akzeptanz beizutragen?

Kathrin Stahl: Die Menschen, die ich bisher für  „Max ist Marie“ kennenlernen durfte, berichten viel von Unterstützung aus ihrem Umfeld. Auch von völlig unerwarteter Seite bekommen sie Akzeptanz und Anerkennung. Viele Menschen sind offen und neugierig, möchten mehr wissen, fragen nach.

Leider ist aber auch zu häufig die Rede von Freunden, die den Weg nicht mitgehen konnten, von Eltern, die die „Verwandlung“ als persönlichen Angriff verstanden und von ihrem Kind nichts mehr wissen möchten, von Geschwistern, die sich abwendeten. Von Freunden, die den Weg nicht mitgehen konnten. Offensichtlich haben wir Menschen die Tendenz das Anderssein eines Menschen als Bedrohung zu empfinden. Die Abwehr erfolgt in Form von Ausstoßen.
Das Gefühl der Bedrohung entsteht wohl zumeist aus Unwissenheit heraus. Wer glaubt, ein Mann, der „beschließt zur Frau“ zu werden, tue das aus einer freien Entscheidung heraus, kann nicht verstehen, welche Kämpfe in diesem Menschen vor sich gehen. Es fehlt das Wissen, dass transidente Menschen sich diesen Weg nicht ausgesucht haben. Das einzige, was hier helfen kann, ist Aufklärung. Einige transidente Menschen sind auf dem Gebiet der Aufklärung sehr aktiv unterwegs; den meisten aber fehlt die Kraft dazu, da der Kampf um die eigene Identität zuviel Lebensenergie frisst. Die, die Kraft noch haben, kämpfen nicht nur auf gesellschaftlicher Ebene, sondern auch und vor allem in der Politik: Viel Leiden wird verursacht durch Gesetzestexte, die Behandlungen verweigern, die entwürdigende Gutachten fordern.
Um nur einen kleinen Einblick in einen der Missstände zu geben, möchte ich an dieser Stelle eine der Transfrauen zitieren, die sich von mir für „Max ist Marie“ hat porträtieren lassen: „Das deutsche Gesetz zur Personenstandsänderung ist eine Katastrophe. Es entspricht nicht den Vorgaben der EU. Auch hat das Bundesverfassungsgericht fast das komplette sogenannte Transsexuellengesetz wegen Verfassungswidrigkeit in den meisten Paragraphen für ungültig erklärt und den Gesetzgeber zum Handeln aufgefordert. Das wurde schon häufig angemahnt und nichts ist passiert. So reicht es bis heute nicht aus, mit den entsprechenden Diagnosen und Indikationen von Ärzten und Psychologen, die für medizinische Massnahmen und operative Eingriffe erforderlich sind, eine Vornamens- und Personenstandsänderung (VÄ/PÄ) vor Gericht amtlich bestätigt zu bekommen. Der Staat benötigt zusätzliche Gutachten, die man in Größenordnungen von bis zu 4000,- EUR selbst bezahlen muss. Die Bedingungen für medizinische Massnahmen, die die Krankenkassen übernehmen und die bereits schon recht restriktiv sind, stehen in keinem Verhältnis zu den Bedingungen für eine VÄ/PÄ. “
Ausnahmslos jeder der transidenten Menschen, mit denen ich bisher geredet habe, erzählt außerdem von Schikanen durch ihre oder seine Krankenkasse. Gesetzlich mögliche, seelisch aber unvertretbare Zeitspannen werden ausgereizt, für das seelische Wohlergehen notwendige Behandlungen werden verweigert. Es ist die Rede von Krankenkassenmitarbeiter, die schikanieren, die auf Paragraphen herumreiten, an Stellen, an denen sie Spielraum hätten. Erzählt wird von Psychologen, die Gutachten nicht rechtzeitig fertig stellen. Von Endokrinologen, die notwendige Medikamente nicht verschreiben. Wieviel Energie der Kampf mit diesen Schikanen kostet, kann man sich nicht vorstellen. Da muss sich ganz viel ändern.

Mit „Max ist Marie“ möchte ich zusammen mit allen transidenten Menschen, die sich an diesem Projekt beteiligen, einen Schritt gehen, um die gesellschaftliche Akzeptanz durch Verständnis zu erhöhen. Unser Projekt soll ein zartes, mitfühlendes sein, fern aller Polemik. Aus den Bildstrecken und Interviews wird ein Bildband entstehen (ein Verleger wird noch gesucht), auch Ausstellungen möchte ich realisieren. Wenn die Bilder und Texte helfen, dass eine Mutter ihr transidentes Kind versteht und es so annehmen kann, wie es ist, dass ein Freund unterstützen kann, weil er die Hintergründe sieht, dass ein Krankenkassenmitarbeiter einen Antrag genehmigt, weil er das Leid und den Menschen hinter dem Antrag sieht, wenn jemand, der sich noch nie mit dem Thema Transidentität beschäftigt hat, neugierig wird auf und offen für Menschen, die diesen Weg gehen (müssen), hat das Projekt das erreicht, was wir uns erhofft haben.

Rogate-Frage: Welche Erfahrungen haben Sie mit der Kirche in dieser Frage gemacht und was wünschen Sie sich von der Kirche?

Kathrin Stahl: Wir sind sehr positiv überrascht von einzelnen Aktionen, die von der Kirche durchgeführt werden, um den Hass auf ein Anderssein zu thematisieren. Sicher werden durch Diskussionskreise Menschen aufgeweckt und mitgenommen, die sonst wohl nicht offen für solche Themen wären.
Ansonsten haben wir eher den Eindruck von einem „Dass nicht sein kann, was nicht sein darf“. Hier würden wir uns natürlich eine klare offene Linie von der Kirche als Gesamtheit wünschen, eine, die in den Gemeinden vertreten wird, die noch mehr Menschen neugierig macht auf die Vielfalt der Menschheit.

Rogate: Vielen Dank, Frau Stahl, für das Gespräch!

Mehr Informationen finden Sie hier: Max ist Marie

Mehr zum Thema hier:

  • Dr. Gerhard Schreiber, Dozent für Systematische Theologie und Religionsphilosophie an der Goethe-Universität Frankfurt, über Transsexualität als Thema der Theologie, den Variationsreichtum des Lebens und die wirkmächtige, aber problematische Lehre von den Schöpfungsordnungen.
  • Benjamin Melzer, Transgender-Mann und „Men’s Health“-Covermodel, über den Weg von einer Frau zum Mann und die Notwendigkeit, öffentlich zu werden.

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Willkommen zu unseren nächsten öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenen Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan:

  • Sonnabend, 8. November 2014 | 12:00 Uhr, Andacht für Trauernde: Mit Eucharistie Andacht für Trauerndeund Gräbersegnung, Neuer-Zwölf-Apostel-Kirchhof, Werdauer Weg 5, S Schöneberg. Mit der Alt-katholischen Gemeinde Berlin. Organist: Malte Mevissen. Predigt: Dekan Ulf-Martin Schmidt.
  • Dienstag, 11. November 2014 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 13. November 2014 | 19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachtgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Dienstag, 18. November 2014 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche

Rogate-Kloster im November: Gräbersegnung, Lichtvesper und Nachtgebet.

Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenden Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg, Lageplan.

Jeweils am Dienstag feiern wir um 19.00 Uhr eine Vesper (in der Ordnung des Ev. Gesangbuchs Nr. 785). Unseren November-Plan finden Sie hier.

Ausgewählte Rogate-Gottesdienste und Veranstaltungen:

  • Dienstag, 4. November 14 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 6. November | 19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachtgebet (Kapelle)
  • Sonnabend, 8. November 2014| 12:00 Uhr, Andacht für Trauernde: Mit Eucharistie Andacht für Trauerndeund Gräbersegnung, Neuer-Zwölf-Apostel-Kirchhof, Werdauer Weg 5, S Schöneberg. Mit der Alt-katholischen Gemeinde Berlin. Organist: Malte Mevissen.
  • Dienstag, 11. November 14 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 13. November | 19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachtgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Dienstag, 18. November 14 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 20. November | 19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachtgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Dienstag, 25. November 14 | 19:00 Uhr, VESPER, das Abendgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Donnerstag, 27. November | 19:30 Uhr, KOMPLET, das Nachtgebet, in der Kapelle der Kirche
  • Sonnabend, 29. November 2014| 18:00 Uhr, Lichtvesper, Kapelle Zwölf-Apostel-Kirche (mit der Alt-katholischen Gemeinde)

Wir danken der Zwölf-Apostel-Gemeinde für die Gastfreundschaft der Rogate-Gottesdienste in Schöneberg.

Erreichbar ist die Kirche mit öffentlichen Verkehrsmitteln und über die U-Bahnhöfe: Kurfürstenstraße (U1) Nollendorfplatz (U1, U2, U3, U4). Oder per Bus: Kurfürstenstraße (M85, M48), Nollendorfplatz (M19, 187) und Gedenkstätte Dt. Widerstand (M29). PKW-Stellplätze vor dem Gemeindezentrum und in der Genthiner Straße.