Fünf Freitagsfragen an Sabine Werth, Verein Berliner Tafel, über die Bereitschaft zu helfen, die Not der Flüchtlinge und gerechte Verteilung.
Die studierte Sozialarbeiterin gründete den Verein Berliner Tafel und ist seither die ehrenamtliche Vorsitzende. Im neuen Vorstand ist sie vor allem für die Öffentlichkeitsarbeit und für den Kinder- und Jugendbereich zuständig. Um täglich vor Ort sein zu können, hat sie ihren eigenen Betrieb, die Familienpflege Sabine Werth, ebenfalls auf den Großmarkt verlegt. Fuhr sie anfangs noch selbst zu Supermärkten und Bäckern, ist sie seit Jahren vor allem das Gesicht der Tafel, begeisterte Botschafterin der guten Sache und unermüdliche Ideengeberin.
Rogate-Frage: Frau Werth, auf die Situation der Vertriebenen und Flüchtlinge bezogen, ist es eine Krise oder eine Katastrophe?
Sabine Werth: Es ist eine Katastrophe, denn in der ersten Zeit gab es wenig bis keine koordinierte Arbeit. Alle versuchten ihr Bestes zu geben, aber vieles ging massiv aneinander vorbei. Inzwischen haben alle gelernt und arbeiten zusammen. Das lindert nicht die Not, aber führt hoffentlich bald zu besseren Ergebnissen.
Rogate-Frage: Sind die Flüchtlinge in Berlin auf die Tafeln angewiesen? Wie begegnen Sie der Situation?
Sabine Werth: Es gibt viele Flüchtlinge, die in Heimen oder Unterkünften verschiedener Art untergebracht sind und dort eine Vollversorgung erhalten. Viele Flüchtlinge sind aber Eigenversorgende.
Diese Menschen kommen verstärkt zu Ausgabestellen von LAIB und SEELE, der Aktion der Berliner Tafel e.V., der Kirchen und des rbb. Wir haben inzwischen ein Infoschreiben, indem erklärt wird, wer wann zu einer Ausgabestelle gehen kann. Dieses Schreiben haben wir bisher leider nur ins Englische übersetzt bekommen, wir warten auf die arabische und die französische Übersetzung. Es gibt in den Ausgabestellen aber keinen Anspruch auf Unterstützung. Alles wird gerecht verteilt. Ob es dann viel oder wenig ist, hängt von der Menge der gesammelten Waren ab.
Rogate-Frage: Wie sind Sie selbst zur Tafelarbeit gekommen?
Sabine Werth: Ich habe die erste Tafel Deutschlands im Februar 1993 in Berlin gegründet. Heute gibt es 923 Tafeln in Deutschland, fünf in Österreich und elf in der Schweiz.
Rogate-Frage: Verdeckt die Arbeit der Tafeln nicht das Armutsproblem unserer Gesellschaft?
Sabine Werth: Nein, ich glaube fest, dass durch die unermüdliche Arbeit aller Menschen bei den Tafeln, die Armut besonders offensichtlich wird. Die Armut wäre viel versteckter, wenn die Schlangen bei Tafeln nicht öffentlich gewesen wären. Die Medien sind darauf aufmerksam geworden und seit über 20 Jahren sind Tafeln und damit die Armut im Fokus.
Wir können damit nicht die Armut abschaffen, aber wir können die Not etwas lindern. Speziell mit unserer Aktion LAIB und SEELE in Berlin, die in Kirchengemeinden durchgeführt wird, legen wir einen zusätzlichen Schwerpunkt auf die seelische Not der Menschen. Vielen fehlt es nicht nur an Geld, sondern auch an sozialen Kontakten. Da versuchen unsere Ehrenamtlichen vor Ort für die Menschen und ihre Nöte da zu sein. Schlichtes Zuhören ist Gold wert!
Rogate-Frage: Was muss jemand mitbringen, der sich für die Tafeln engagieren möchte?
Sabine Werth: Liebe zu Menschen, den Willen auch über die eigenen Grenzen zu gehen, Bereitschaft Kontakt zu Menschen zu bekommen, denen sie meist in ihrem Leben nie begegnet wären, Zeit. Und Demut kann nicht schaden!
Rogate: Vielen Dank, Frau Werth, für das Gespräch!
Mehr über die Berliner Tafel finden Sie hier: Berliner Tafel
Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de
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Dienstag, 20. Oktober 15 | 19:00 Uhr, Vesper
- Dienstag, 27. Oktober 15 | 19:00 Uhr, Vesper
- Dienstag, 3. November 15 | 19:00 Uhr, Vesper
- Dienstag, 10. November 15 | 19:00 Uhr, Vesper
- Dienstag, 17. November 15 | 19:00 Uhr, Vesper
- Dienstag, 24. November 15 | 19:00 Uhr, Vesper
- Dienstag, 1. Dezember 15 | 19:00 Uhr, Vesper
- Dienstag, 8. Dezember 15 | 19:00 Uhr, Vesper