Fünf Freitagsfragen an Claudia Goede, Pfarrerin an der Weihnachtskirche zu Berlin-Spandau, über den gestrigen Heiligen Abend, das Leben als „Weihnachtsfrau“ und Gott, der mitten in der Nacht zu uns kommt.

Claudia Goede (Bild: Weihnachtskirchengemeinde)
Claudia Goede, 1962 geboren, studierte Theologie zuerst an der Kirchlichen Hochschule in Berlin (KIHO) und wechselte dann zur Ruprechts-Karls Universität in Heidelberg. 1. Theologisches Examen im Herbst 1989 in Berlin, 2. Theologisches Examen Herbst 1992 in Berlin. Ordination am 20.12.1992 in der St. Marienkirche. Seit Dezember 1992 Pastorin im Hilfsdienst und seit April 1996 Pfarrerin in der evangelischen Weihnachtskirchengemeinde in Berlin-Haselhorst. 2006 folgte eine Ausbildung zur Mediatorin am Amt für Kirchliche Dienste in Berlin.
Rogate-Frage: Frau Pfarrerin Goede, frohe und gesegnete Weihnachten Ihnen! Wie haben Sie den Heiligen Abend verbracht und was kommt an den Weihnachtstagen auf Sie zu?
Claudia Goede: Vor allem in der Kirche. Um 14.30 Uhr begann der erste Gottesdienst mit einem Krippenspiel, das unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden gestaltet haben. Das musste ich natürlich sehen. Diesen Gottesdienst hat mein Kollege gehalten. Dann habe ich zwei Gottesdienste gehalten, den einen mit einem Krippenspiel, in dem Kinder und Eltern mitgespielt haben, und in dem anderen hat unser Chor mitgewirkt. Beide Gottesdienste waren auf ihre Art schön – der eine, in dem sich Kinder in Engel verwandeln und der andere mit viel Musik.
Ich habe mich gefreut, in den Gottesdiensten viele bekannte Gesichter zu sehen, darunter auch viele ehemalige Konfirmanden und Konfirmanden. Das ist immer schön zu hören, was sie gerade machen und wie es ihnen geht. Nach den drei Gottesdiensten haben wir gegessen und um 22.00 Uhr war ich wieder in der Kirche, diesmal zu einem besinnlichen Gottesdienst, den mein Kollege gehalten hat. Ich genieße diese Gottesdienste mit ihrer besonderen Atmosphäre.
Heute werde ich noch einen Gottesdienst halten, in dem wir viele Weihnachtslieder singen und in dem es auch um ein Weihnachtslied geht: „Es ist ein Ros entsprungen„.
Rogate-Frage: Was ist Weihnachten theologisch, kirchlich und persönlich für Sie?
Claudia Goede: Theologisch ist mir wichtig, dass Gott im Kleinen zu uns kommt, im Alltäglichen. Gott kommt zu Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Mitten in der Nacht, im Dunkeln entsteht Neues. Auch in der Schöpfung entsteht neues Leben im Dunkeln, auch in der hebräischen Bibel beginnt der neue Tag mit dem Abend, da wurde aus Abend und Morgen der erste Tag, heißt es da. „Weil Gott in tiefster Nacht erschienen, kann unsere Nacht nicht dunkel sein“, wird in einem modernen Lied gesungen. In einem Taize-Lied heißt es: „Inmitten unsrer Nacht entzünde ein Feuer, das nie mehr erlischt.“ Das hat für mich eine große symbolische Bedeutung.
Und drittens waren Joseph und Maria mit ihrem Kind darauf angewiesen, aufgenommen zu werden sowohl in Bethlehem als auch in auf ihrer Flucht nach Ägypten. Darum wird es in den Gottesdiensten, die ich halte, auch gehen – um Mitmenschlichkeit in Notsituationen und darauf, dass Jesus gleich zu Beginn seines Lebens mit auf die Flucht musste.
Rogate-Frage: Wie kam es zu dem Namen Ihrer Gemeinde beziehungsweise der Weihnachtskirche und wie lebt es sich damit?
Claudia Goede: Die Weihnachtskirche sollte zu Weihnachten 1935 eröffnet werden. Sie wurde am Epiphaniastag 1936 eingeweiht – mit einer kleinen Verspätung- beim Namen blieb es trotzdem. Der Name ist ziemlich einmalig, es gibt nur noch eine Weihnachtskirche und die befindet sich in Bethlehem. Einmalig zu sein, ist doch nett.
Bis Anfang der 90er Jahre arbeiteten drei Pfarrer in der Weihnachtskirche. Dass sie auch als „Weihnachtsmänner“ tituliert wurden, gefiel ihnen allerdings wenig. Ich finde es dagegen nett, „Weihnachtsfrau“ genannt zu werden.
Manchmal frage ich Kinder nach ihren Ideen, warum wir Weihnachtskirche genannt werden. Sie meinen, dass unsere Kirche nur zu Weihnachten geöffnet hat. Doch das wäre recht wenig.
Rogate-Frage: Jede Woche gibt es bei Ihnen ein Weihnachtscafé. Erinnert irgendwie an die Erzählung „Nicht nur zur Weihnachtszeit“ von Heinrich Böll, oder?
Claudia Goede: Ein Techniker fragte neulich, ob bei uns wohl ständig Weihnachten sei. Nein, auch im Weihnachtscafé, das jeden Mittwoch stattfindet, gibt es nicht dauernd Stollen. Ehrenamtliche Frauen backen jede Woche andern Kuchen. In der Sommerzeit sitzen wir gerne im Garten und genießen die Sonne. Nein, auch in der Weihnachtskirche wird Weihnachten nur in der Weihnachtszeit gefeiert.
Rogate-Frage: Welche Themen haben Ihre Gemeinde und Sie in diesem Jahr besonders beschäftigt und worauf freuen Sie sich im kommenden Jahr?
Claudia Goede: Anfang des Jahres haben wir einen Imam in die Gemeinde eingeladen, um von ihm einen Vortrag über den Islam zu hören. Eigentlich wollten wir in den folgenden Monaten eine Moschee besuchen, aber das haben wir immer wieder verschoben.
Natürlich hat uns auch die Flüchtlingsthematik beschäftigt. Wir haben im Stadtteil gemeinsam mit dem Gemeinwesenverein Kleidung wie auch Spielzeug, Schulsachen, Schuhe und vieles andere mehr gesammelt, was jede Woche in ein Heim gefahren wurde. In Haselhorst soll im nächsten Jahr ein Flüchtlingsheim aufgebaut werden. Da werden wir auch Kontakte knüpfen.
Eine weitere Thematik war der Prozess Spandau 2020. Hier sollen mehrere Gemeinden in unserem Kirchenkreis eine Region bilden mit circa 10 000 Gemeindegliedern. Da Gemeinden nur noch in der Lage sind, Teilzeitstellen zu besetzen, können Gemeinden, die sich zusammentun, ganze Stellen besetzen. Damit kann verhindert werden, dass prekäre Arbeitsverhältnisse geschlossen werden. Der Prozess der Regionenbildung ist für unsere Gemeinde noch nicht abgeschlossen. Wir haben aber schon viele Gespräche mit unseren Nachbargemeinden geführt. Mit dem neuen Sollstellen 2016-2020 gehen Personal-Einsparungen einher. Keiner unserer Mitarbeitenden hat eine ganze Stelle bei uns. Unsere Sozialpädagogin mussten wir mit 50 Prozent abordnen. Sie arbeitet nun mit 50 Prozent in einem Beratungsladen für ausländische Frauen. Unser Haus- und Kirchwart hat auch nur noch eine halbe Stelle. Diese Einschnitte mussten wir erst einmal verkraften.
In diesem und im nächsten Jahr arbeitet ein Pfarrer in der Entsendung bei uns. Er hat viele neue Ideen eingebracht. Abendgebete, Bibelgesprächskreis, Abendgottesdienste kamen dazu. Das hat viel Spaß gemacht. Eine unserer Kitas wurde umgebaut, im Januar ist das hoffentlich überstanden und die Kita sieht hell und ansprechend aus.
Ich freue mich, im nächsten Jahr interreligiöse Gespräche weiter zu führen und mit meinem Kollegen zusammenzuarbeiten. Ich freue mich, die Weihnachtskirchengemeinde mit unserem kleinen Team der Weihnachtskirche, mit unserem Gemeindekirchenrat und mit den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch die Zeiten zu schippern. Ich freue mich auf viele Begegnungen und auf Gespräche über den Glauben.
Das ist ja das Schöne am Pfarrberuf, dass man vielen Menschen begegnet, etwas von ihrer Lebensgeschichte oder Lebensweise erfährt und gemeinsam mit anderen Gemeinde gestalten kann.
Rogate: Vielen Dank, Frau Pfarrerin Goede, für das Gespräch und Ihnen eine gesegnete Weihnachtszeit!
Mehr über die Weihnachtskirchengemeinde Spandau finden Sie hier: ev-weihnachtskirche.
Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de
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Willkommen zu unseren nächsten öffentlichen Gottesdiensten in der Kapelle der gastgebenden Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg:
- Gottesdienstliche Winterpause bis zum 12. Januar
- Dienstag, 12. Januar 16 | 19:00 Uhr, Eucharistie, in der Kapelle, ohne Gesang/Musik
- Dienstag, 19. Januar 16 | 19:00 Uhr, Vesper, in der Kapelle
- Dienstag, 26. Januar 16 | 19:00 Uhr, Vesper, in der Kapelle
- Sonntag, 31. Januar 16 | 10:00 Uhr, Predigtgottesdienst, in der Zwölf-Apostel-Kirche. Liturgie: Bruder Willehad Kaleb RGSM
- Dienstag, 2. Februar 16 | 19:00 Uhr, Eucharistie, in der Kapelle, mit Posaunenmusik
- Dienstag, 9. Februar 16 | 19:00 Uhr, Vesper, in der Kapelle
- Dienstag, 16. Februar 16 | 19:00 Uhr, Vesper, in der Kapelle
- Dienstag, 23. Februar 16 | 19:00 Uhr, Vesper, in der Kapelle
- Unseren Fördervereinsflyer finden Sie hier.
- Hier unser Monatsplan Dezember 15/Januar 16.