Fünf Fragen an: Manuela Schwesig, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Fünf Freitagsfragen an Manuela Schwesig, Bundesfamilienministerin, über Gottes Liebe zu den Menschen und den Schutz von Regenbogenfamilien und LGBTI-Flüchtlingen durch die Bundesregierung.

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Manuela Schwesig (Bild: Bundesregierung/Denzel)

Seit Dezember 2013 ist Manuela Schwesig Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zuvor war sie fünf Jahre Ministerin in Mecklenburg-Vorpommern: Von 2008 bis 2011 für Soziales und Gesundheit und von 2011 bis 2013 für Arbeit, Gleichstellung und Soziales. Die studierte Finanzwirtin arbeitete zwischen 2002 und 2008 im Finanzministerium von Mecklenburg-Vorpommern. In der Landeshauptstadt Schwerin, wo Manuela Schwesig mit ihrer Familie lebt, begann auch ihre politische Karriere auf kommunaler Ebene in der Stadtvertretung. 2005 wurde sie Mitglied des SPD-Landesvorstands Mecklenburg-Vorpommern. Seit 2009 ist Manuela Schwesig stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD.

Rogate-Frage: Frau Ministerin Schwesig, was bedeutet Ihnen Gott, Glaube und Spiritualität?

Manuela Schwesig: Der Glaube an Gott und Christin zu sein ist für mich ein „Ja“ zum Leben. Ich ziehe sehr viel Kraft aus meinem Glauben, genieße das gemeinsame Beten und Singen im Gottesdienst. Dort sammle ich Energie und gehe gestärkt in den Alltag. Für mich passen mein Glaube und mein Engagement in der Politik sehr gut zusammen. Das Thema Gerechtigkeit zieht sich durch die Bibel wie ein roter Faden. Er stärkt meinen Gerechtigkeitswillen. Deshalb möchte ich auch mithelfen, diese Welt ein Stück weit gerechter und lebenswerter zu machen. Vor Gott sind alle Menschen gleich. Er liebt uns mit all unseren Fehlern und Schwächen, Stärken und Talenten.

Rogate-Frage: Papst Franziskus hat zum Jahr der Barmherzigkeit aufgerufen. Wie kann barmherziges Handeln in der Politik für Menschen erfahrbar zum Tragen kommen?

Manuela Schwesig: Barmherzig zu sein heißt ja konkret, sein Herz angesichts fremder Not zu öffnen. Im letzten Jahr – als viele Flüchtlinge auch in unserem Land Schutz gesucht haben – war diese Barmherzigkeit sichtbar. Ich verstehe es vor allem als Ermutigung für jeden Einzelnen von uns dabei zu helfen, die Lasten der Schwächeren zu tragen und diejenigen zu mahnen, die es besser haben und andere nicht daran teilhaben lassen. Allerdings darf Hilfe für Menschen in Not nicht allein von der Barmherzigkeit Einzelner abhängen. Politik muss für einen gerechten Ausgleich zwischen Starken und Schwachen sorgen.

Rogate-Frage: Sie treten für die volle rechtliche Gleichstellung von Schwulen und Lesben bei Ehe und die Adoption von Kindern ein. Warum?

Manuela Schwesig: In einer Familie kommt es darauf an, füreinander da zu sein und gemeinsame Werte zu leben. Dazu gehören in erster Linie Liebe, Vertrauen, Respekt und Zeit füreinander. Deswegen ist für mich klar: Wo Kinder geliebt werden, wachsen sie auch gut auf. Und wo Kinder sind, da ist auch Familie. Die sexuelle Orientierung der Eltern spielt dabei keine Rolle. Jede zweite lesbische Frau und jeder dritte schwule Mann kann sich ein Leben mit Nachwuchs vorstellen. Mehr als siebentausend minderjährige Kinder leben in Deutschland bereits heute bei gleichgeschlechtlichen Eltern. In der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Familie bleiben Regenbogenfamilien aber immer noch außen vor. Gleichgeschlechtliche Lebensweisen und Elternschaft gehören für viele Leute immer noch nicht zusammen. Deswegen ist es mir wichtig, dass Regenbogenfamilien in der Gesellschaft sichtbar werden. Mit der Öffnung der Ehe für alle ist auch eine – auch symbolische – volle rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften seitens des Staates verbunden.

Rogate-Frage: Wie können Regenbogenfamilien besser unterstützt und geschützt werden?

Manuela Schwesig: Als Bundesfamilienministerin sehe ich es als meine Aufgabe an, dass Regenbogenfamilien Unterstützung bekommen und als normale Familien, die unserer Lebenswirklichkeit entsprechen, anerkannt werden. Auch wenn sich in den letzten Jahren viel getan hat und Diskriminierung heute seltener stattfindet, bin ich oft einfach fassungslos, mit welchen Vorurteilen Homosexuelle heute noch zu kämpfen haben.

Ich möchte dazu beitragen, ein modernes und weltoffenes Land zu schaffen, in dem Vielfalt als Bereicherung empfunden wird und niemand aufgrund seiner sexuellen Orientierung benachteiligt wird. Unsere Gesellschaft ist vielfältig und die Art und Weise wie wir leben, welche Lebensentwürfe wir haben ebenso. Jeder muss so leben dürfen wie er will. Jede muss lieben können, wen sie will. Jeder muss so sein können wie er ist.

Zur Unterstützung von Regenbogenfamilien fördert mein Haus seit dem 1. Juli 2015 das bundesweite Modellprojekt „Beratungskompetenz zu Regenbogenfamilien – Erfordernisse und Potenziale in professioneller Begleitung“ des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD). Die Mitglieder von Regenbogenfamilien sollen wohnortnah Rat und Hilfe erhalten und sich willkommen fühlen können.

Rogate-Frage: Was tut die Bundesregierung konkret zum Schutz und zur Integration von LSBTI Flüchtlingen?

Manuela Schwesig: Es reicht nicht, dass wir uns nur Gedanken darüber machen, wie wir die Menschen unterbringen die zu uns kommen. Wir müssen auch dafür sorgen, dass sie hier in unserem Land und in unserer Gesellschaft ankommen. Das Bundeskabinett hat in der Meseberger Erklärung beschlossen, dass Bund und Länder jetzt prüfen, inwieweit eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich ist, um den Schutz von Flüchtlingen vor sexueller Gewalt in Flüchtlingsunterkünften zu gewährleisten. Hierbei haben wir ausdrücklich auch auf andere Schutzbedürftige Bezug genommen, wozu LSBTI Flüchtlinge zählen.

Für mehr Schutz braucht es personelle und räumliche Maßnahmen, aber auch mehr Information, Sensibilisierung und Fortbildung der Fachkräfte und Ehrenamtlichen. Deshalb haben wir bereits im vergangenen Jahr ein KfW-Programm gestartet für Neu- und Umbauten, die den Schutz von Frauen, Kindern und LSBTI-Flüchtlingen gewährleisten. Es ist vor allem wichtig, dass auch LSBTI Flüchtlinge ihre Rechte in Deutschland kennen und Ansprechpersonen haben. Daher gab es im März ein Treffen von Bund und Ländern zum Austausch über Projekte für LSBTI Flüchtlinge. Mit Mitteln des BMFSFJ wurde ein Leitfaden des LSVD e.V. zum Asylverfahren für lesbische und schwule Flüchtlinge übersetzt.

Rogate: Vielen Dank, Frau Ministerin Schwesig, für das Gespräch.

Weitere Informationen finden Sie hier: Manuela Schwesig und BMFSFJ

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Willkommen zu unseren nächsten öffentlichen Gottesdiensten in der Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg: