Bischof Dr. Dröge: „Antisemitismus ist Gotteslästerung“

Grußwort von Bischof Dr. Markus Dröge, dass er heute Abend auf der Kundgebung „Berlin trägt Kippa“ halten wird. Er wird hier als Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz sowie als Vertreter des Rates der EKD sprechen.

Berlin trägt KippaIch trage gerne die Kippa. Und nicht erst heute. Seit über 30 Jahren ziehe ich immer wieder dieses Zeichen der Demut vor Gott an, wenn ich eingeladen werde in eine Synagoge, oder zum Trauern und Gedenken auf einen jüdischen Friedhof. Für mich ist die Kippa ein Zeichen der Verbundenheit im Glauben an den einen Gott, vor dem wir als Juden und Christen gemeinsam demütig stehen.

Wir haben hier in Berlin eine wunderbare Gemeinschaft mit unseren jüdi­schen Geschwistern. Wir laden uns gegenseitig ein, zum Ge­denken und zum Feiern. Das gemeinsame theologische Forschen hat hier eine lange Tradition. Und wir freuen uns, dass das jüdische Leben in Berlin wieder neu aufgeblüht ist und dass viele junge Menschen aus Israel gerne hier in Berlin leben. Sie sind und sie bleiben alle herzlich willkom­men, hier in Berlin, in der Stadt der Freiheit – willkom­men, hier zu leben und sich wohl zu fühlen!

Umso erschreckender ist es, dass in unserer Stadt am helllichten Tag auf offener Straße ein junger Mann, nur weil er eine Kippa trug, angegriffen und be­schimpft wurde. Wir sind dadurch alarmiert. Wir müssen noch viel sensibler werden gegenüber jeder Form der Judenfeindschaft. Wir müssen noch viel deutlicher versteckten Antisemitismus thema­tisieren!

Ich bringe Ihnen heute die Grüße des Rates der EKD. Auf unserer Sitzung am vergangenen Freitag in Hannover haben wir die jüngsten antisemitischen Vorfälle und Übergriffe in Deutschland scharf verurteilt. Der Rat der EKD ruft mit folgenden Worten dazu auf, gemeinsam gegen Antisemitismus in Deutschland einzutreten:

„Fast täglich gibt es Berichte über Anfeindungen und Übergriffe gegen Juden in Deutsch­land. Das erfüllt uns mit großer Sorge und Scham. Wenn Jüdinnen und Juden in Deutschland Gewalt und Beschimpfungen ausgesetzt sind und sich nicht mehr sicher fühlen, können wir das unter keinen Umständen hinnehmen. Nie wieder darf sich Antisemitismus in Deutsch­land ausbreiten oder gar salonfähig werden. Als Christinnen und Christen stehen wir unein­geschränkt an der Seite unserer jüdischen Ge­schwister. Aus theologischer Überzeugung sowie aus historischer Verantwortung für jahrhun­dertelanges kirchliches Versagen, sagt die Evangelische Kirche in Deutschland klar und unmissverständlich: Christlicher Glaube und Judenfeindschaft schließen einander aus. Antisemitismus ist Gotteslästerung.“

Fünf Fragen an: Hans-Christian Biallas, Präsident der Klosterkammer Hannover

Fünf Freitagsfragen an Hans-Christian Biallas, Präsident der Klosterkammer Hannover, über eine Sonderbehörde des Landes Niedersachsen, eine moderne Stiftungsverwaltung und rechtlich verbindliche Beziehungen zu fünfzehn belebten evangelischen Frauenklöstern.

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Hans-Christian Biallas (Bild: Thomas Damm)

Hans-Christian Biallas, geboren in Hannover, studierte Ev. Theologie in Göttingen, Amsterdam und Kiel, war unter anderem Gemeindepastor in Cuxhaven-Altenbruch, Mitglied des Niedersächsischen Landtages und ist seit 2011 Präsident der Klosterkammer Hannover.

Rogate-Frage: Herr Präsident Biallas, der Name „Klosterkammer“ verspricht Spiritualität und Glaube. Was steckt wirklich dahinter?

Hans-Christian Biallas: Die Klosterkammer Hannover ist eine Sonderbehörde des Landes Niedersachsen und verwaltet das Vermögen von vier öffentlich-rechtlichen Stiftungen. Die Stiftungen sind aus ehemals kirchlichem Vermögen entstanden. Aus ihren Erträgen unterhält die Klosterkammer mehr als 800 Gebäude, viele davon sind denkmalgeschützt, sowie rund 12.000 Kunstobjekte. Weitere Mittel in Höhe von rund drei Millionen Euro stellt sie pro Jahr für mehr als 200 kirchliche, soziale und bildungsbezogene Maßnahmen in ihrem Fördergebiet zur Verfügung.

Rogate-Frage: Wie ist es zur Gründung der Klosterkammer vor 200 Jahren gekommen?

Hans-Christian Biallas: Bis Anfang des 19. Jahrhunderts bestand das Klostervermögen im Kurfürstentum Hannover ausschließlich aus den Vermögen der Klöster, die in der Reformation 1542/43 aufgelöst oder in Damenstifte umgewandelt worden waren. Zu einem ersten Vermögenszuwachs kam es, als König Georg III. im Jahr 1802 als Kurfürst von Hannover die Regierung des Fürstbistums Osnabrück übernahm und Besitz von den geistlichen Gütern ergriff. Im Jahr 1803 fielen aufgrund der Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses die Vermögen des Benediktinerinnenklosters Gertrudenberg in Osnabrück, des Kollegiatstifts St. Johann in Osnabrück, des Benediktinerinnenklosters Malgarten, des Benediktinerinnenklosters Oesede, des Zisterzienserinnenklosters Rulle, des Benediktinerklosters Iburg, der Johanniterkommende Lage, des Stifts und vormaligen Zisterzienserinnenklosters Bersenbrück an das Kurfürstentum Hannover. Dieser erhebliche Vermögenszuwachs war zugleich Anlass, die Verwaltung dieses Vermögens im Gründungspatent des Prinzregenten Georg IV. für AHK und Klosterkammer vom 8. Mai 1818 förmlich zu regeln und diese Aufgabe einer ausschließlich für diesen Zweck errichteten Behörde, der Klosterkammer, zu übertragen.

Rogate-Frage: Wie ist die Klosterkammer aufgebaut und wie arbeitet sie?

Hans-Christian Biallas: Die Klosterkammer arbeitet wie eine moderne Stiftungsverwaltung, die bis heute ihren Stiftungsgrundsatz, das Stiftungsvermögen zu wahren und zu mehren, treu geblieben ist. Die Klosterkammer ist die größte Erbbaurechtsausgeberin in Deutschland. Auf der Einnahmeseite vergibt die Abteilung Liegenschaften Grundstücke im Erbbaurecht und verpachtet landwirtschaftliche Flächen sowie 15 Klostergüter. Die Klosterforsten bewirtschaften 26.600 Hektar Wald. Auch ausgegründete Betriebe tragen mit zu unseren Einnahmen bei. Auf der anderen Seite erhalten wir mehr als 800 Baudenkmale und rund 12.000 Kunstgegenstände. Außerdem unterstützen wir jedes Jahr mit mehr als drei Millionen Euro Förderprojekte in weiten Teilen Niedersachsens. Außerdem hat die Klosterkammer neun Beteiligungen. Der Allgemeine Hannoversche Klosterfonds ist an neun privatrechtlichen Gesellschaften als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter beteiligt.

Rogate-Frage: Was fördert die Klosterkammer und in welchen Regionen?

Hans-Christian Biallas: Wir unterstützen qualitätvolle, wegweisende und nachhaltige Projekte in den Bereichen Kirche, Schule und Soziales. Die geförderten Vorhaben sollen auf einen konkreten Bedarf reagieren und ihm Idealfall einen beispielhaften Charakter haben. Dabei beschränkt sich unser Fördergebiet aus historischen Gründen auf die Teile des Landes Niedersachsen, die früher zum Königreich beziehungsweise der preußischen Provinz Hannover gehört haben.

Rogate-Frage: Welches Leitbild steht hinter der Förderung des geistlichen Lebens durch Ihre Organisation?

Hans-Christian Biallas: Die Klosterkammer Hannover erfüllt als staatliche Behörde nicht selbst geistliche Aufgaben, kann aber Kirchengemeinden, anderen kirchlichen Institutionen sowie Klöstern und geistlichen Gemeinschaften die Möglichkeit zu kirchlicher Arbeit eröffnen und die äußeren, auch finanziellen Voraussetzungen dafür schaffen. Das geschieht zum einen durch Projektförderung, zum anderen aber auch durch die besondere, auch rechtlich verbindliche Beziehung der Klosterkammer zu den fünfzehn belebten evangelischen Frauenklöstern und -stiften, die zum Teil komplett von uns finanziert werden. Fünf der Klöster – die so genannten Calenberger Klöster – Barsinghausen, Mariensee, Marienwerder, Wennigsen und Wülfinghausen – gehören sogar zum Stiftungsvermögen des Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds, der größten von der Klosterkammer verwalteten Stiftung.

Rogate: Vielen Dank, Herr Biallas, für das Gespräch.

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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