Fünf Freitagsfragen an Stefan Wenzel, Mitglied des Landtages von Niedersachsen, über die Symbiose des Menschen mit der Pflanzen- und Tierwelt, die Notwendigkeit einer Weltverfassung und eine Ethik des Fleischkonsums.

Stefan Wenzel (Bild: Grüne Fraktion)
Stefan Wenzel ist in Dänemark geboren und in Niedersachsen aufgewachsen. Er hat in Göttingen Agrarökonomie studiert, hat sich lange für ein Ende der Nutzung von Atomenergie engagiert und war fast fünf Jahre Umweltminister in Niedersachsen.
Rogate-Frage: Herr Abgeordneter Wenzel, wie dramatisch ist das Insekten- und Vogelsterben in Niedersachsen und welche Auswirkungen hat es?
Stefan Wenzel: Es gibt sehr wenige Untersuchungen. Die beste Untersuchung ist derzeit eine Studie von Wissenschaftlern aus Krefeld, die fast 30 Jahre lang Beobachtungen angestellt haben. Die Studie wurde auch im Wissenschaftsjournal Plus One veröffentlicht. Ergebnis sind Rückgänge bei den Insektenmenge von etwa 70 Prozent. Das sind dramatische Zahlen. Deshalb hat Niedersachsen eine Expertengruppe eingesetzt und die Umweltministerkonferenz hat die Bundesregierung gebeten zu handeln. Insekten sind die Tierart mit den allermeisten Tierarten. Sie haben eine essentielle unverzichtbare Bedeutung für die Bestäubung von Wild- und Nahrungspflanzen. Sie sind aber beispielsweise auch unverzichtbar für den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit. Ohne Insekten kann der Mensch nicht überleben. Er lebt in einer Symbiose mit der Pflanzen- und Tierwelt und ist ein Teil des Ganzen.
Rogate-Frage: Was sind die Ursachen für diese dramatische Entwicklung und wer trägt die Schuld?
Stefan Wenzel: Die Ursachen sind noch umstritten. Deshalb soll das sogenannte Monitoring der Arten und die Forschung vorangetrieben werden. Wir können mit Gegenmassnahmen aber nicht warten, bis in einigen Jahren eindeutige Forschungsergebnisse vorliegen. Deshalb müssen wir auch dort ansetzen, wo eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass Massnahmen helfen. Das betrifft eine massive Reduzierung des Einsatzes von Insektiziden, Herbiziden und Fungiziden im Landbau. Die Beendigung der Überdüngung, die ohnehin dem Grundwasser schadet. Eine sehr extensive Weidehaltung auf den sogenannten Greening-Flächen der Bauern. Die Renaturierung der Bäche, Flüsse und Stillgewässer. Die drastische Reduzierung von künstlichen Lichtquellen in der Nacht. Auch die Energiewende ist sehr wichtig. Schnelle Klimaveränderungen können das Artensterben beschleunigen.
Rogate-Frage: Mikroplastik und riesige Teppiche von Müll in den Meeren, kaum intakte Flüsse und Bäche in Deutschland, Artensterben, Nitrat im Grundwasser…. Können wir die Entwicklung noch aufhalten?
Stefan Wenzel: Der wichtigste Schritt ist zu erkennen was ist. Da sind wir weltweit vorangekommen: Von „Laudato si2 bis zum Pariser Klimaabkommen und den UN Nachhaltigkeitszielen. Derzeit erleben wir das letzte Aufbäumen der alten Öl- und Kohlewelt. Auch die Atomkraft ist wirtschaftlich tot. Wer daran fest hält, will die Bombe. Deshalb brauchen wir ein globales Governance System und eine Weltverfassung.
Rogate-Frage: Was können wir als Bürger und Konsumenten konkret für die Umwelt und eine Verbesserung der Situation von Flora und Fauna tun?
Stefan Wenzel: Das Klimaabkommen wäre ohne die Best practice Beispiele der Bürgerinnen und Bürger, der Kommunen und den Druck der gesamten Zivilgesellschaft nicht gekommen. Das gilt ebenso auf vielen anderen Feldern. Wichtig ist, Mut zu machen beim konkreten Handeln und die eigene Kraft und deren Wirkung zu erkennen.
Rogate-Frage: Wie sinnvoll ist in ökologischer Hinsicht der Verzicht auf Fleisch und tierische Produkte?
Stefan Wenzel: Der Verzicht oder die Reduzierung ist ein zentraler Punkt für eine gute Zukunft. Ein sehr großer Teil der Weltagrarflächen wird für Fleischproduktion genutzt. Dafür wurden viel zu viele Wälder abgeholzt. Urwälder zerstört. Für mich ist Fleischkonsum auch eine ethische Frage. Tiere sind Geschöpfe, die diesen Planeten mit uns gemeinsam bewohnen.
Rogate: Vielen Dank, Herr Wenzel, für das Gespräch.
Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de
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Kommende Rogate-Gottesdienste und Termine:
- Montag, 4. Juni 2018 | 19:00 Uhr, Rogate-Abend: „Vorbild House of One in Berlin – eine Idee für Wilhelmshaven?“. Der Kirchenkreis Friesland-Wilhelmshaven, die Evangelische Familien-Bildungsstätte und das Rogate-Kloster St. Michael laden zu der Veranstaltung ein. Kreispfarrer Christian Scheuer wird den Abend eröffnen. Weitere Informationen: dreireligionenhaus.de. Ort: Gemeindehaus der Christus- und Garnisonkirche, Am Kirchplatz 1, Wilhelmshaven.
Freitag, 20. Juli 2018 | 19:30 Uhr, ökumenischer Eröffnungsgottesdienst zum 26. Lesbisch-schwulen Stadtfest Berlin 2018. Ort: Zwölf-Apostel-Kirche. Predigt: Prof. Dr. Traugott Roser, Münster. Thema: Trost. Orgel: Kantor Christoph Hagemann (Zwölf-Apostel-Gemeinde). Chor: Männer-Minne, Schwuler Männerchor Berlin. Zusammen mit der Alt-katholischen Gemeinde Berlin. Mitwirkende: Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (Tempelhof-Schöneberg), Gemeindepastorin Dagmar Wegener (Baptisten Schöneberg), Superintendent Michael Raddatz (Evangelischer Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg), Geschäftsführer Jörg Steinert (Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg) und Pfarrer Burkhard Bornemann (Zwölf-Apostel-Gemeinde). Ministranten: Uta Willers-Urban, Andrea Fleischer und Markus Beckmann. Begrüßung: Melanie Hochwald. Anschließend Beisammensein im Seitenschiff und vor der Kirche, es gibt einen Getränkestand (Team Ariane Schütz & Klaus Borrmann).
- Sonntag, 2. September 2018 | 10:00 Uhr, Eucharistie zum Sonntag der Diakonie. Ort: Zwölf-Apostel-Kirche.
- Mittwoch, 3. Oktober 2018 | 15:00 Uhr, Gottesdienst für Mensch und Tier. Ort: Zwölf-Apostel-Kirche. Zusammen mit der Alt-katholischen Gemeinde Berlin.
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