Fünf Freitagsfragen an Pfarrer Lothar Vierhock, St. Elisabeth-Gemeinde Moskau, über die Vorteile digitaler Kirche, orthodoxe Ostern in der Coronakrise und die Erreichbarkeit der Herzen der Gemeindeglieder.

Lothar Vierhock, 1956 geboren in Gera (Thüringen). Beruf: Facharbeiter für Bergbautechnologie, Bausoldat bei der NVA, Studium der Theologie/Philosophie am Philosophisch-Theologischen Studium in Erfurt. Priesterweihe 1984 in Dresden; Wirkungsstätten in Zwickau/Sachsen, Erfurt, Dresden, Leipzig und Hongkong. Jetzt Pfarrer der Deutschsprachigen Katholischen St. Elisabeth-Gemeinde in Moskau und Religionslehrer an der Deutschen Schule Moskau. Engagiert beim Malteser-Hilfsdienst Moskau.
Rogate-Frage: Herr Pfarrer Vierhock, wie sieht kirchliches Leben in Ihrer Gemeinde aktuell aus?
Lothar Vierhock: Seit reichlich vier Wochen können auch wir in Moskau aufgrund der Corona-Pandemie keine öffentlichen Gottesdienste und Veranstaltungen abhalten. Das Verständnis für diese Maßnahme ist sehr groß. Nunmehr feiern wir unsere Gottesdienste über das Internet, also online. Der „Vorteil“: Auch unsere Gemeindemitglieder, die derzeit nicht in Moskau sind, können an der Heiligen Messe und am anschließenden Gemeindeplausch teilnehmen, ebenfalls unsere Kranken, vor allem unsere älteren Menschen, die nicht mehr zum Gottesdienst kommen können. Natürlich leiden viele darunter, nur „geistlich“ kommunizieren zu können.
Jeweils Mittwochs „treffen“ wir uns online zu Begegnung und Austausch. Täglich um 19.00 Uhr beten wir das Gebet des Herrn und bitten darin für die an Corona Erkrankten und Infizierten, für ihre Angehörigen und für alle Helferinnen und Helfer. Wir bitten, dass Gott diese Geisel bald von uns nehmen möge. Natürlich bleiben die privaten Kontakte – auf Distanz gehalten – weiterhin erhalten.
Rogate-Frage: Die Russisch-orthodoxe Kirche feierte vor wenigen Tagen das Osterfest. Wie anders wurden die Feiertage in Moskau begangen und welche Einschränkungen gibt es aktuell?
Lothar Vierhock: Wie wir, so konnten auch unsere orthodoxen Geschwister ihr Osterfest am vergangenen Sonntag nicht öffentlich miteinander feiern. Aus der Christ-Erlöser-Kirche, der Hauptkirche der Orthodoxie in Russland, wurde der feierliche Gottesdienst im Fernsehen übertragen. Viele Gläubigen haben diese Feier mitverfolgen können. Am Morgen des orthodoxen Ostersonntags habe ich viele Grüße erhalten: „Christus ist auferstanden!“ – „Christus ist wahrhaft auferstanden!“
Um die Ausbreitung des Corona-Virus zu vermeiden gilt: Kontakt zum Nächsten nur mit 1,5 Metern Abstand. Man kann sich von seiner Wohnung aus im Umkreis von 100 Metern frei bewegen, um Wichtiges zu erledigen: Einkauf, Bank, Arzt und Apotheke. Weitere Wege, die durchaus bedeutsam sind, müssen beantragt werden. Das funktioniert meines Wissens unbürokratisch.
Rogate-Frage: Was beschäftigt Sie persönlich im Moment besonders und wie hat sich Ihr Leben verändert?
Lothar Vierhock: Mich beschäftigt sehr, wie wir als Gemeinde weiterhin gut vernetzt bleiben. Niemand soll sich am Virus infizieren und erkranken. Da ich auch als Religionslehrer an der Deutschen Schule in Moskau tätig bin, unterrichte ich online meine Schülerschaft. Ich bin ein durchaus sozialer Mensch. Mir fehlt der direkte Kontakt zu meinen Mitmenschen. Mir fehlt die gemeinsame Feier der Gottesdienste. Die Sorgen von Gemeindemitgliedern bewegen mich ebenso.
Rogate-Frage: Welche Hoffnung trägt Sie durch diese Zeit und was können Sie Ihrer Gemeinde mitgeben?
Lothar Vierhock: Mich trägt in dieser Zeit vor allem mein Glaube. Manchmal wird er auch durch verschiedene Umstände kritisch hinterfragt. Da ermutigt mich das Beispiel vieler Mitmenschen und Freunde, die mich durch ihr Vorbild widerum ermutigen. Das verbindende Gebet trägt in dieser Zeit. Ich schreibe einmal in der Woche einen Newsletter an die Gemeinde. Darin versuche ich, im Glauben zu ermutigen, neue Chancen und Möglichkeiten zu sehen und sie zu realisieren. Was ich nicht kann, was ich aber sehr gut vorbereite, ist, durch den Gottesdienst die Herzen der Gemeindemitglieder mit Freude und Hoffnung in Jesus Christus zu erfüllen.
Rogate-Frage: Würden Sie uns ein Gebet schenken?
Lothar Vierhock: Allmächtiger Gott, dir ist nichts verborgen. Du kennst uns und unsere Sorgen und Nöte. Du hast dich uns als der „Gott mit uns“ geoffenbart, vor allem in Jesus Christus, deinem Sohn. Er war besonders für die Menschen da, die seiner Hilfe bedurften. In seiner Auferweckung hast du uns Zeugnis gegeben, dass du ein Gott des Lebens bist. In der Sendung des Heiligen Geistes, schenkst du uns Hoffnung und Stärke. Dafür danken wir dir aus ganzem Herzen.
Herr, unser Gott, unser guter Wille reicht nicht aus und unsere Hände für eine wirksame Hilfe greifen mitunter zu kurz. Stärke unsere Hoffnung in dieser Krise. Beende in Kürze die Pandemie. Sei allen Kranken und Leidenden, besonders den am Corona-Virus Erkrankten, nahe. Hilf dort, wo Menschen nicht mehr weiterwissen. Unterstütze alle Bemühungen um Frieden und um mehr Gerechtigkeit in unserer Welt. Darum bitten wir dich durch Jesus Christus im Heiligen Geist.
Rogate: Amen. Vielen Dank, Herr Pfarrer Vierhock, für das Gespräch.
Weitere Freitagsfragen (Rogate-Kloster Sankt Michael zu Berlin ISSN 2367-3710) – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Angesichts der Corona-Pandemie können wir leider keine verlässlichen Angaben machen, wann wir wieder zu Rogate-Gottesdiensten in Berlin oder Veranstaltungen wie dem Wangerlandsofa in Friesland einladen können. Der Eröffnungsgottesdienst zum diesjährigen Stadtfest des Regenbogenfonds ist abgesagt. Die nächsten (geplanten) Rogate-Termine finden Sie hier.