Gottesdienst: Willkommen zu Ostern.

Glasfenster in der Zwölf-Apostel-Kirche zu Berlin-Schöneberg

Willkommen zur Eucharistie am Ostersonntag, 17. April 2022 | 10:00 Uhr, in der Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, Berlin-Schöneberg.

Lektorendienst: Jürgen Doster. Kirchdienst: Gesine Schmithals. Orgel: Harald Klaus. Liturgie und Predigt: Br. Franziskus.

Das Evangelium des Ostersonntags: Die Frauen am leeren Grab

Als der Sabbat vorbei war, kauften Maria aus Magdala, Maria, die Mutter von Jakobus, und Salome wohlriechende Öle. Sie wollten die Totensalbung vornehmen. Ganz früh am ersten Wochentag kamen sie zum Grab. Die Sonne ging gerade auf. Unterwegs fragten sie sich: »Wer kann uns den Stein vom Grabeingang wegrollen?« Doch als sie zum Grab aufblickten, sahen sie, dass der große, schwere Stein schon weggerollt war.

Sie gingen in die Grabkammer hinein. Dort sahen sie einen jungen Mann. Er saß auf der rechten Seite und trug ein weißes Gewand. Die Frauen erschraken sehr. Aber er sagte zu ihnen: »Ihr braucht nicht zu erschrecken! Ihr sucht Jesus aus Nazaret, der gekreuzigt wurde. Gott hat ihn von den Toten auferweckt, er ist nicht hier. Seht: Hier ist die Stelle, wo sie ihn hingelegt hatten. Macht euch auf! Sagt seinen Jüngern, besonders Petrus: Jesus geht euch nach Galiläa voraus. Dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat.«

Da flohen die Frauen aus dem Grab und liefen davon. Sie zitterten vor Angst und sagten niemandem etwas, so sehr fürchteten sie sich.

Markus-Evangelium Kapitel 16, Verse 1-20, Basisübersetzung

Fünf Fragen an: Pater Dr. Jörg Alt, Hilfswerk Jesuitenweltweit

Fünf Fragen an Pater Jörg Alt, Jesuit, über die Idee einer Finanzaktionssteuer, heute illegales Abfallcontainern und ein christlicher Glaube, der die Welt ein Stück gerechter und besser machen will. Ein Interview im Rahmen des Rogate-Demokratieprojekts „FrieslandVisionen: Wie wollen wir morgen leben?“.

P. Dr. Jörg Alt SJ (Bild: Jesuitenweltweit)

P. Dr. Jörg Alt SJ hat Abschlüsse in Philosophie, Theologie und Soziologie. Seine Themenbereiche sind Flucht, Migration, Steuergerechtigkeit, Sozialethik und Klimagerechtigkeit. Er wohnt in Nürnberg und ist Mitarbeiter in der Hochschulseelsorge und dem Hilfswerk Jesuitenweltweit.

Rogate-Frage: Herr Pater Dr. Alt, Sie gründeten und leiten die Kampagne „Steuer gegen Armut – Finanztransaktionssteuer“. Was verbirgt sich dahinter?

Jörg Alt: Als ich irgendwann nach der Weltfinanzkrise 2007/8 die Zeitung durchblätterte fiel mir auf, wie viel überall gespart wurde beziehungsweise allgemeine Steuern und Abgaben erhöht wurden, aber nirgendwo erkennbar war, wie Banken, Investoren und andere Finanzdienstleister an dem Schaden beteiligt werden, den sie verursacht hatten. Das empfand ich als empörend ungerecht – und einige andere auch.

Als wir dann von Stephan Schulmeister das Konzept der Finanztransaktionssteuer erfuhren, war die Kampagne klar: Den Banken und Finanzdienstleistern pro Transaktion eine kleine Gebühr abverlangen, und mit den so generierbaren Milliardenerlösen jenen helfen, die von der Auswirkung der Finanzkrise besonders hart getroffen wurden. Die Robin Hood Steuer also. Leider ist das, was an Guten selbst mit Unterstützung der Europäischen Kommission in Gang gekommen ist, inzwischen auf Betreiben von Deutschland und Frankreich eingeschlafen. Jetzt warten wir auf die nächste Finanzkrise, dann nehmen wir neuen Anlauf und dann werden wir uns wohl durchsetzen.

Rogate-Frage: Sie sind seit Jahrzehnten vielfältig politisch aktiv. Was treibt Sie um?

Jörg Alt: Meiner Meinung ist ein Glaube, der nicht zugleich die Welt ein Stück gerechter und besser macht, nicht viel wert. Das „Ordensparlament“ der Jesuiten, die Generalkongregation, hatte bereits 1974 festgelegt, dass für Jesuiten der Einsatz für Glaube und Gerechtigkeit miteinander verbunden werden muss. Das hat mich angesprochen. Deshalb bin ich Jesuit geworden.

Heute lautet der „Zehnjahresplan“ des Ordens bis 2030: 1. Eintreten für eine Verbindung zwischen Mensch und Gott/Exerzitien, 2. Für soziale Gerechtigkeit, 3. Für ökologische Nachhaltigkeit und 4. Für die Anliegen der Jugend der Welt. Auch dazu möchte ich meinen Beitrag leisten.

Rogate-Frage: Gegen Sie wird wegen eines „besonders schweren Falls von Diebstahl“ ermittelt. Was steckt dahinter?

Jörg Alt: Eine Gruppe, die sich „Aufstand der Letzten Generation“ nennt engagierte sich seit Herbst für einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln. Es kann nicht sein, so die Aktivisten, dass im Globalen Norden Lebensmittelüberproduktion, -verschwendung und -vernichtung herrscht, während 800 Millionen Menschen hungern. Und: Dass der Konsum des reichen Nordens Ackerflächen im Globalen Süden belegt, nur damit wir billige Steaks, Erdbeeren und Avocados zu jeder Jahreszeit haben.

Da auch Papst Franziskus dies schon lange anprangert dachte ich: „Da machste mit!“ Dazu wurden in vielen Städten Aktionen organisiert, bei denen Menschen von Supermärkten weggeworfene, aber immer noch perfekt essbare Lebensmittel aus den Abfallcontainern „widerrechtlich entnommen“ und dann kostenlos verteilt wurden. Anschließend riefen die Aktivist die Polizei und zeigten sich des Diebstahls von „herrenlosem Eigentum“ an. Seitdem wird auch gegen mich ermittelt. Mindeststrafe für mich: Drei Monate Gefängnis.

Natürlich ergab dies einen Aufschrei der Entrüstung und seitdem rotiert das politische Berlin, um ein EssenRettenGesetz zu verabschieden. Grüne und SPD wollen es, bis jetzt scheitert es aber an der FDP, der der Schutz von Privateigentum wichtiger ist als die Gemeinwohldienlichkeit und Sozialpflichtigkeit.

Rogate-Frage: Wie politisch sollten aus Ihrer Sicht Christ*innen, Kirchen und Ordensgemeinschaften in dieser Zeit sein und wie weit sollen sie gehen?

Rogate-Frage: Eine spannende Frage. Ich frage andersrum: Welcher Einsatz ist erforderlich, wenn wir der wissenschaftlichen Warnung Glauben schenken, dass uns noch vier bis zehn Jahre verbleiben, um durch entscheidende Richtungsänderungen zu vermeiden, dass wir unaufhaltsam in eine drei Grad heißere Welt abgleiten? Das 1,5 Grad Ziel können wir schon nicht mehr einhalten, diese Latte reißen wir spätestens 2030. Jedes Zehntelgrad mehr bedeutet heute noch unvorstellbare Katastrophen. Jahrzehnte warnt die Wissenschaft, immer wieder wurden Reformen von den Lobbies der Reichen hintertrieben und ausgebremst.

Selbst die Fridays und ihr Schulstreik haben zu keinen angemessenen Reformen geführt. Was sollen wir noch tun, fragen vor allem junge Menschen, um Gehör zu finden? Also müssen wohl drastischere, wenngleich gewaltfreie, Methoden zum Einsatz kommen.

Deshalb wurde ich zum Dieb, um dies zu vermeiden. Deshalb kleben sich Menschen in Deutschland auf Autobahnen, um Politik und Gesellschaft zuzurufen: „Kein weiter so. Noch können wir umkehren. Systemchange not Climatechange“.

Kommt Deutschland in Bewegung, folgt die EU. Kommt die EU in Bewegung, bleibt anderen Ländern keine Wahl als nachzuziehen – denn die EU ist weltgrößter Binnenmarkt und damit Standardsetzer. Wir haben eine riesige Verantwortung für die Welt.

Als ich den Jesuiten im Globalen Süden von den Autobahnblockaden erzählte, waren sie begeistert: „Endlich bekommt Deutschland eine Ahnung von den Disruptionen, die aufgrund des Klimawandels bei uns schon Alltag sind.“

Ich bin sicher: Hätte Franziskus nicht so viel zu tun, würde auch er Essen aus der Tonne klauen und mit Freuden ins Gefängnis gehen, wenn er dadurch Menschen in Aktion „hineinschocken“ könnte.

Rogate-Frage: Was macht Ihnen angesichts von Kippunkten, schmelzenden Polkappen, Kriegsgefahr, Artensterben und Hunger in der Welt Hoffnung?

Jörg Alt: Tja, meine Erfahrung bislang ist, dass Gott an vielen Stellen tätig ist, wo Menschen ihm eine Tür öffnen. Und ich habe immer wieder gespürt: Gott hat noch ein As im Ärmel, das wir nicht kennen. Auch wenn ich zusehends Angst vor der Zukunft habe, auf die wir zutrudeln, klammere ich mich an die Gewissheit, dass es noch nicht zu spät ist. Vorausgesetzt natürlich, dass sich viele Menschen endlich dazu aufraffen, auch den ihnen möglichen Beitrag zu leisten.

Rogate: Vielen Dank, Herr Pater Dr. Alt, für das Gespräch!

Weitere Interviews in der Reihe Freitagsfragen (Rogate-Kloster Sankt Michael zu Berlin ISSN 2367-3710) – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de.


Willkommen zu unseren nächsten Rogate-Gottesdiensten:

Varel, Friesland. Termine unseres Demokratieprojektes „FrieslandVisionen: Wie wollen wir morgen leben?“

  • Donnerstag, 17. Februar 2022 | 19:30 Uhr, Ökumenische Klimakanzel mit Jürgen Rahmel, Varel, Dezernent Biosphärenreservat in der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer. Mitwirkende: Pfarrer Manfred Janssen (St. Bonifatius-Gemeinde) und N.N.. Ort: Sankt Bonifatiuskirche, Bürgermeister-Heidenreich-Str. 4, 26316 Varel.
  • Donnerstag, 24. Februar 2022 | 19:30 Uhr, Ökumenische Klimakanzel mit Siemtje Möller, Varel, Mitglied des Deutschen Bundestages und Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium der Verteidigung. Mitwirkende: Pfarrer Manfred Janssen (St. Bonifatius-Gemeinde), Pastor Benno Gliemann (Luther-Kirchengemeinde Wihelmshaven/Studierendenseelsorge) und Br. Franziskus (Rogate-Kloster). Ort: Sankt Bonifatiuskirche.

Jever, Friesland. Termine unseres Demokratieprojektes „FrieslandVisionen: Wie wollen wir morgen leben?“

Berlin, Schöneberg:

  • Ostersonntag, 17. April 2022 | 10:00 Uhr, Eucharistie. Predigt: Br. Franziskus. Ort: Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, Berlin-Schöneberg.
  • Dienstag, 17. Mai 2022 | 18:00 Uhr, ökumenischer Gottesdienst. Mit Erzbischof Dr. Heiner Koch (Erzbistum Berlin) und Bruder Franziskus (Rogate-Kloster). Ort: Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, Berlin-Schöneberg.

Wilhelmshaven, Innenstadt:

  • Dienstag, 22. Februar 2022 | 18:00 Uhr, ökumenisches Friedensgebet anlässlich der Russlandkrise. Mit Oberbürgermeister Carsten Feist. Liturgie: Dechant Andreas Bolten (Sankt Willehad), Pastor Frank Moritz (Banter Kirche) und Bruder Franziskus (Rogate-Kloster). Ort: St. Willehadkirche, Bremer Straße 53, 26382 Wilhelmshaven.

Pressespiegel: „Rogate-Gemeinschaft St. Michael in Berlin – Ein Kloster ohne Mauern“

Deutschlandradio Kultur

„Das Rogate-Kloster in Berlin ist gar nicht wirklich in Berlin, sondern eine dezentrale Angelegenheit. Auch ein eigenes Gebäude gibt es nicht. Und die Mitglieder fühlen sich gerade in ihrer Unterschiedlichkeit verbunden.

Wer an ein Kloster denkt, denkt oft an das mittelalterliche Bild von Nonnen oder Mönchen, die sich den ganzen Tag Gott zuwenden, und an Klostermauern, hinter denen die Gemeinschaft lebt. Das ökumenische Rogate-Kloster Sankt Michael könnte davon kaum weiter entfernt sein.“

Den Beitrag von Lea De Gregorio vom 25. Juli 2021 finden Sie hier.

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Herzlich willkommen zu unseren nächsten öffentlichen Andachten und Gottesdiensten:

  • Dienstag, 27. Juli 2021 | 19:30 Uhr, ökumenischer SommerBibelAbend. Mit Pastoralreferentin Daniela Surmann (Sankt Willehad) und Br. Franziskus (Rogate). Ort: Lutherkirche, Brommystraße 71, 26384 Wilhelmshaven-Villenviertel.
  • Donnerstag, 29. Juli 2021 | 19:00 Uhr, Abendgebet. Lektorin: Heidrun Helbich und Susanne Klenk. Orgel: Stadtkantor Markus Nitt. Ort: Lutherkirche, Brommystraße 71, 26384 Wilhelmshaven-Villenviertel.
  • Donnerstag, 29. Juli 2021 | 19:45 Uhr, Demokratie-Reihe „Wen wähle ich?“ – Interview zur Bundestagswahl 2021 mit Anne Janßen (CDU). Ort: Lutherkirche, Brommystraße 71, 26384 Wilhelmshaven-Villenviertel.
  • Dienstag, 3. August 2021 | 19:30 Uhr, ökumenischer SommerBibelAbend. Mit Pastoralreferentin Daniela Surmann (Sankt Willehad) und Br. Franziskus (Rogate). Ort: Lutherkirche, Brommystraße 71, 26384 Wilhelmshaven-Villenviertel.
  • Donnerstag, 5. August 2021 | 19:00 Uhr, Abendgebet. Orgel: Traugott Böhlke (St. Martinskirchengemeinde, Voslapp) Lektorinnen: Heidrun Helbich (Ev.-luth. Thomaskirchengemeinde, Neuengroden) und Susanne Klenk (Ev.-luth. Stephanuskirchengemeinde, Fedderwarden). Ort: Lutherkirche, Brommystraße 71, 26384 Wilhelmshaven-Villenviertel.
  • Donnerstag, 5. August 2021 | 19:45 Uhr, Demokratie-Reihe „Wen wähle ich?“ – Interview zur Bundestagswahl 2021 mit Sina Beckmann (Bündnis 90/Die Grünen). Ort: Lutherkirche, Brommystraße 71, 26384 Wilhelmshaven-Villenviertel.

Fünf Fragen an: Dr. Marek Wede, Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat

Fünf Fragen an Dr. Marek Wede, Pressesprecher im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, über den Unterschied von Künstler- und Ordensnamen, wer über die Eintragung in den Personalausweis entscheidet und die Nutzung von Gebrauchsnamen im Rechtsverkehr.

Rogate-Frage: Herr Dr. Wede, was sind aus Sicht Ihres Ministeriums „Ordensnamen“ und inwieweit unterscheiden Sie diese von „Künstlernamen“? 

Marek Wede: Unter einem Künstlernamen ist ein von einem bürgerlichen Namen mit hinreichender individueller Unterscheidungskraft abweichender Name zu verstehen, der in bestimmten Lebensbereichen in Zusammenhang mit einer künstlerischen oder freischaffenden Tätigkeit geführt wird und dadurch Verkehrsgeltung erlangt hat, sodass er anstelle des Namens die Identität und die Individualität der Person ausdrückt. 

Für die Eintragung eines Ordensnamens ist dagegen die Verleihung des Ordensnamens, die durch den Orden der jeweiligen Religionsgemeinschaft ausgestellt wird, erforderlich. Ordens- oder Künstlernamen sind jedenfalls dann im Reisepass einzutragen, wenn sie sich aus einem früheren Personalausweis, einem früheren Reisepass oder dem Melde-, Personalausweis- beziehungsweise Passregister ergeben. In Zweifelsfällen hat die antragstellende Person durch Vorlage geeigneter Unterlagen darzulegen, dass sie unter dem von ihr angegebenen Ordens- beziehungsweise Künstlernamen bekannt ist. 

Rogate-Frage: Warum gibt es zur Frage der Ordensnamen gesetzliche Bestimmungen? Welche Bedeutung gibt dadurch der Staat diesen religiösen Namen und deren Nutzung? 

Marek Wede: Das Pass- und Personalausweisgesetz regelt, welche Daten in die hoheitlichen Dokumente eingetragen werden dürfen. Grundsätzlich sind dies nur solche Daten, die für die Identifizierung einer Person erforderlich sind. Bestimmten Sonderkonstellationen, so etwa in bestimmten Fällen bei Künstler- oder Ordensnamen, kommen im Rechtsverkehr eine besondere Bedeutung zu, weshalb für diese eine Eintragung zugelassen wird. 

Rogate-Frage: Gibt es eine Schätzung oder ist bekannt, wie viele Ordensnamen bundesweit anerkannt und von den Meldebehörden eingetragen wurden? 

Marek Wede: Eine bundesweite Statistik, wie viele Ordensnamen in Pässe oder Personalausweise eingetragen wurden, liegt dem BMI nicht vor. 

Rogate-Frage: Wer entscheidet nach welchen Kriterien, ob ein Ordensname anerkannt und in amtliche Dokumente eingetragen werden darf? 

Marek Wede: Die Entscheidung über die Eintragung eines Ordensnamens trifft die örtlich zuständige Pass- oder Personalausweisbehörde unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls.  

Rogate-Frage: Welche Verpflichtungen gehen Träger:innen durch die Registrierung der Namen ein und welche Rechte sind damit für sie verbunden? Können beispielsweise Bankgeschäfte, Fahrkartenkäufe, Verträge und Führerscheinprüfungen mit dem Ordensnamen unterschrieben werden? 

Marek Wede: Durch die Eintragung eines Ordensnamen entstehen keine besonderen Pflichten aus dem Pass- oder Personalausweisgesetz. Grundsätzlich kennt das deutsche Namensrecht keine strikte Namensführungspflicht. Statt des Geburts- oder Familiennamens kann im allgemeinen Verkehr ein davon abweichender Gebrauchsname verwendet werden. Der Gebrauchsname wird im Rechtsverkehr anerkannt, der Träger kann auch mit diesem Namen unterzeichnen, wenn mit der Namensunterschrift die eindeutige Identifizierung der Person möglich ist.

Rogate: Vielen Dank, Herr Dr. Wede, für das Gespräch.

Weitere Interviews in der Reihe Freitagsfragen (Rogate-Kloster Sankt Michael zu Berlin ISSN 2367-3710) – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de.

Jubiläum: Zehn Jahre Rogate-Kloster Sankt Michael zu Berlin

Es sollte ein großer ökumenischer Festgottesdienst mit Eucharistie und Ausstellung zum Monat der Diakonie werden, doch auch im Rogate-Kloster musste seit Beginn der Corona-Pandemie vieles ausfallen oder verschoben werden. Nun wird eine Eucharistie am Sonntag, 27. September 2020, an die Gründung der geistlichen Gemeinschaft vor zehn Jahren erinnern.

Bereits vor elf Jahren, am 9. September 2009, gründete sich die Vorgängerorganisation, die „Ökumenische Rogate-Initiative“ als Verein. Zwanzig Personen aus verschiedenen Kirchen und Initiativen taten sich zusammen, um insbesondere in Schöneberg regelmässig Gottesdienste miteinander zu feiern.

Aus der Gruppe heraus wurde am 29. September 2010 das Rogate-Kloster gegründet. Es ist seit Juni 2013 als geistliche Gemeinschaft Teil der Evangelischen Kirche Berlin–Brandenburg–schlesische Oberlausitz und seit dem 1. November 2016 vom Katholischen Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland anerkannt. Seit seiner Gründung ist das Kloster Mitglied im Verbund der Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesiche Oberlausitz.

Die Rogate-Mitglieder wirken neben Berlin in verschiedenen Bundesländern wie Hessen, Baden-Württemberg, Sachsen und Niedersachsen (Friesland und Wilhelmshaven). Schwerpunkte des Engagement liegen dabei in innovativen Gottesdienstformaten wie der „Politikerkanzel“ oder Demokratieprojekten wie dem „Wangerlandsofa„.

Die stärkste Aufmerksamkeits des Kloster-Engagement erfahren der jährliche Eröffnungsgottesdienst zum Lesbisch-schwulen Stadtfest Berlin sowie die Gottesdienste für Mensch und Tier. Lange Jahre lag der inhaltliche Schwerpunkt in der Begleitung Trauernder und von Andachten für Menschen, die an keiner Trauerfeier teilnehmen konnten. Die Gemeinschaft hat als Ziel, einen Konvent gemeinsamen Lebens und Arbeitens zu entwickeln. Dafür sucht sie einen Ort.

Termin: Sonntag, 27. September 2020 | 10:00 Uhr, Eucharistie zum St. Michaelisfest und zum Monat der Diakonie. Orgel: Felicitas Eickelberg. Ort: Zwölf-Apostel-Kirche.

Fünf Fragen an: Schwester Agnes Grasböck, Ashwood in Südafrika

Fünf Fragen an Schwester Agnes Grasbröck, Convent Mariannhill Ashwood/Südafrika, über Engagement in Südafrika in der Corona-Pandemie, die Versorgung der Menschen vor Ort und die Hoffnung auf das Wiedersehen in der Gemeinde.

Schwester Agnes Grasbröck (Bild: privat)

Schwester Agnes Grasbröck wurde 1938 in Oberösterreich geboren. Sie arbeitete als Fürsorgerin in Wels. 1962 trat sich ins Missionskloster Wernberg in Kärnten/Österreich ein. Seit 1981 lebt sie in Südafrika und arbeitet als als Religionslehrerin in der deutschen Schule. Sie setzt sich für das ökumenische Engagement in den Gemeinden in Pinetown ein, dazu gehört die Sorge für die Armen durch die monatliche Lebensmittelausgabe und interreligiöse Kommunikation.

Rogate-Frage: Schwester Agnes, wie ist es gekommen, dass Sie als Ordensfrau in Südafrika leben und wirken?

Sr. Agnes Grasböck: Beim Eintritt in das Missionskloster Wernberg war es mein Wunsch in die Mission zu gehen, um den Menschen zu Gott zu führen. Zuerst war ich bis 1981 als Religionslehrerin in Österreich tätig und kam dann hier nach Mariannhill. Hier konnte mich dann pastoral, auch sozial in der deutschsprachigen Gemeinde und darüber hinaus einsetzen.

Rogate-Frage: Wie sieht gemeindliches Leben bei Ihnen vor Ort normalerweise aus und was hat sich durch die Corona-Pandemie verändert?

Sr. Agnes Grasböck: Mit der deutschsprachigen Gemeinde feiern wir monatlich einen Gottesdienst in deutscher Sprache. Zwischendurch besuche ich Familien, Alleinstehende, kranke und ältere Leute. Zurzeit sind wir „eingesperrt“. Zuerst sollte es nur bis zum 17. April sein, nun wurde „Lockdown“ noch für zwei Wochen verlängert.

Wir versuchen, telefonisch und über Mails in Verbindung zu bleiben. Gottesdienste können über Fernsehen mitgefeiert werden. Online gibt es Anleitungen zu Hausgottesdiensten. In uns lebt die Hoffnung, auf ein gesundes Wiedersehen…. Hoffentlich bald.

Rogate-Frage: Wie ist das Gesundheitswesen in Ihrer Region aufgestellt und wie gehen die Menschen mit den Einschränkungen um?

Sr. Agnes Grasböck: In Südafrika wurde gute Vorsorge getroffen: Es gibt ein Ausgehverbot, nur Lebensmittel und Arznei dürfen geholt werden. Die Todesfälle durch Corona sind hier im Verhältnis niedrig, aber das kann noch steigen. Für Menschen die positiv, aber nicht krank sind, werden Quarantäneplätze gesucht, zum Beispiel in Hotels und Gästehäusern et cetera.

Durch die Einschränkungen gibt es viele Arbeitslose, die Einbrüche steigen und viele Menschen wissen nicht, wie sie sich noch länger versorgen können. Es gibt aber auch eine Reihe von Hilfsaktionen, nur erreichen sie nicht alle, die Lebensmittel brauchen würden.

Rogate-Frage: Was macht Ihnen Hoffnung und was möchten Sie gern nach der Pandemie tun?

Sr. Agnes Grasböck: Hoffnung macht mir der große Glaube und das Gebet so vieler Menschen, auch der Zusammenhalt auch über äußere Entfernungen. Wir von der deutschsprechenden Gemeinde freuen uns, auf den nächsten möglichen Gottesdienst. Hoffentlich ist er am 10. Mai und wir werden in Dankbarkeit einander ansehen und miteinander Gott für die Rettung danken.

Rogate-Frage: Schenken Sie uns ein Gebet?

Sr. Agnes Grasböck: Guter Gott, du hast uns alle erschaffen und willst unser Wohlergehen und unser Glück. Schau auf unser in dieser Not. Lass uns aus dieser Krise neu herausgehen. Wir loben und preisen dich und möchten dir und einander in Liebe, Wertschätzung und Aufmerksamkeit dienen. Amen.

Rogate: Amen. Vielen Dank, liebe Schwester Agnes, für das Gespräch.

Weitere Freitagsfragen (Rogate-Kloster Sankt Michael zu Berlin ISSN 2367-3710) – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Angesichts der Corona-Pandemie können wir leider keine verlässlichen Angaben machen, wann wir wieder zu Rogate-Gottesdiensten in Berlin und Veranstaltungen wie dem Wangerlandsofa in Friesland einladen können. Der Eröffnungsgottesdienst zum diesjährigen Stadtfest des Regenbogenfonds ist abgesagt. Die nächsten (geplanten) Rogate-Termine finden Sie hier.

Sonnabend: „Spiritueller Spaziergang“ an den Großen Hafen

Zu einer „Spiritual Journey“, einem geistlichen Spaziergang an den Großen Hafen, lädt die Arbeitsgemeinschaft Religionenhaus Wilhelmshaven am Sonnabend, 24. August, ein. Um 17:00 Uhr beginnt die Meditation unter freiem Himmel, die von Br. Franziskus vom Rogate-Kloster angeleitet wird. Die Teilnahme ist kostenlos und offen für alle, die Interesse an christlicher Frömmigkeit haben. Start ist im Eingangsbereich des Küstenmuseums.

Spirituelle Spaziergänge werden in vielen Küstenorten und auf den Inseln durch die Kirchen veranstaltet. In Wilhelmshaven findet es erstmalig als Angebot der Evangelischen Erwachsenenbildung Niedersachsen (EEB) und der Katholischen Erwachsenenbildung Wilhelmshaven Friesland Wesermarsch e.V. (KEB) anlässlich der Ausstellung „Wilhelmshaven glaubt. 150 Jahre religiöse Vielfalt an der Jade.“ statt.

Informationen: wilhelmshavenglaubt.de


Willkommen zu unseren weiteren öffentlichen Gottesdiensten:

  • Mittwoch, 28. August 2019|19:00 Uhr, Politikerkanzel: „Was mich treibt?“ mit Bundestagsabgeordneter Katja Keul (Bündnis 90/Die Grünen). Lektor*innen: Brigitte Mittelstädt und Christoph Ehlers. Orgel: Stadtkantor Markus Nitt. Ort: Banter Kirche, Werftstr. 75, Wilhelmshaven-Bant. Bus-Line 2, Haltestelle „Banter Kirche“.
  • Mittwoch, 4. September 2019|19:00 Uhr, Politikerkanzel: „Was mich treibt?“ mit Ratsherr Dr. Michael von Teichman (FDP). Orgel: Stadtkantor Markus Nitt. Lektor*innen: Florian Wiese und Hilke Schwarting-Boer.
  • Mittwoch, 11. September 2019|19:00 Uhr, Politikerkanzel: „Was mich treibt?“ mit Bundestagsabgeordneter Lars Klingbeil (SPD-Generalsekretär). Liturgie: Bischof Matthias Ring, Bonn. und Br. Franziskus. Lektor*innen: Ingrid Klebingat und Carsten Feist. Orgel: Stadtkantor Markus Nitt.

Einladung zum Vortrag „Frieden und Toleranz und die Franziskanerinnen in St. Willehad“ am 25. August

Über „Frieden und Toleranz und die Franziskanerinnen im St.-Willehad-Hospital“ wird am Sonntag, 25. August, Schwester Schwester Diethilde Bövingloh im Küstenmuseum Wilhelmshaven sprechen. Die Vortragsveranstaltung ist Teil des Rahmenprogramms der Ausstellung „Wilhelmshaven glaubt. 150 Jahre religiöse Vielfalt an der Jade.“ Beginn ist um 15:00 Uhr in der Weserstraße 58.

Schwester Diethilde Bövingloh (Bild: privat)

Schwester Diethilde Bövingloh (72) ist seit 48 Jahren Mauritzer Franziskanerin und lebt in der internationalen Ordenszentrale in Münster.

Von 1900 – 2014 lebten und arbeiteten die Schwestern ihres Ordens im St.-Willehad-Hospital in der Wilhelmshavener Südstadt. Sie gehören der katholischen Ordensgemeinschaft an, die ihren internationalen Sitz in Münster hat.

Die Ordensfrauen kamen als Krankenschwestern nach Wilhelmshaven, um in der damals aufstrebenden Stadt, in der es noch keine ausreichende soziale und medizinische Versorgung für die steigende Zahl der Menschen gab. Zuerst pflegten sie die kranken und alten Menschen in ihren Wohnungen und übernahmen später die Pflege in dem damals neu gegründeten St. Willehad-Hospital. Fest in ihrem christlichen Glauben verankert und getragen von dem Wort Gottes „Was ihr einem der Geringsten meiner Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt.25,45), gingen sie auf alle Menschen zu, die ihre Hilfe gebrauchten.

Viele Franziskanerinnen haben sich in den 114 Jahren für die Menschen der Stadt engagiert und so Zeugnis geben wollen, dass alle Menschen von Gott gleich geliebt sind, egal welcher Religion, Nationalität oder Hautfarbe sie angehören.

Dankbar für die Zeit in Wilhelmshaven und mit vielen guten Erinnerungen an die Menschen am Jadebusen kamen Schwester Coronata und ihre Mitschwestern 2014 in ihre westfälische Heimat zurück. Mit großem Interesse verfolgen die Schwestern weiterhin das Leben in Wilhelmshaven, besonders das der Kirchen.

Das Rahmenprogramm „Frieden und Toleranz“ findet in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Erwachsenenbildung Niedersachsen (EEB) und der Katholischen Erwachsenenbildung Wilhelmshaven Friesland Wesermarsch e.V. (KEB) statt.

Die Ausstellung „Wilhelmshaven glaubt.“ ist ein Projekt der AG „Religionenhaus Wilhelmshaven“ und des Demokratieprojektes „Wangerlandsofa? Hör mal zu!“ des Förderprogramms „MITEINANDER REDEN“. Sie wird gefördert vom Ev.-luth. Kirchenkreis Friesland-Wilhelmshaven, Aktion Mensch, der Volksbank Wilhelmshaven eG, der Ja-Wir-Stiftung, dem Diakonischen Werk Friesland-Wilhelmshaven, der Dr. Buhmann Stiftung und dem Rogate-Kloster Sankt Michael.

Informationen: wilhelmshavenglaubt.de

Fünf Fragen an: Hans-Christian Biallas, Präsident der Klosterkammer Hannover

Fünf Freitagsfragen an Hans-Christian Biallas, Präsident der Klosterkammer Hannover, über eine Sonderbehörde des Landes Niedersachsen, eine moderne Stiftungsverwaltung und rechtlich verbindliche Beziehungen zu fünfzehn belebten evangelischen Frauenklöstern.

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Hans-Christian Biallas (Bild: Thomas Damm)

Hans-Christian Biallas, geboren in Hannover, studierte Ev. Theologie in Göttingen, Amsterdam und Kiel, war unter anderem Gemeindepastor in Cuxhaven-Altenbruch, Mitglied des Niedersächsischen Landtages und ist seit 2011 Präsident der Klosterkammer Hannover.

Rogate-Frage: Herr Präsident Biallas, der Name „Klosterkammer“ verspricht Spiritualität und Glaube. Was steckt wirklich dahinter?

Hans-Christian Biallas: Die Klosterkammer Hannover ist eine Sonderbehörde des Landes Niedersachsen und verwaltet das Vermögen von vier öffentlich-rechtlichen Stiftungen. Die Stiftungen sind aus ehemals kirchlichem Vermögen entstanden. Aus ihren Erträgen unterhält die Klosterkammer mehr als 800 Gebäude, viele davon sind denkmalgeschützt, sowie rund 12.000 Kunstobjekte. Weitere Mittel in Höhe von rund drei Millionen Euro stellt sie pro Jahr für mehr als 200 kirchliche, soziale und bildungsbezogene Maßnahmen in ihrem Fördergebiet zur Verfügung.

Rogate-Frage: Wie ist es zur Gründung der Klosterkammer vor 200 Jahren gekommen?

Hans-Christian Biallas: Bis Anfang des 19. Jahrhunderts bestand das Klostervermögen im Kurfürstentum Hannover ausschließlich aus den Vermögen der Klöster, die in der Reformation 1542/43 aufgelöst oder in Damenstifte umgewandelt worden waren. Zu einem ersten Vermögenszuwachs kam es, als König Georg III. im Jahr 1802 als Kurfürst von Hannover die Regierung des Fürstbistums Osnabrück übernahm und Besitz von den geistlichen Gütern ergriff. Im Jahr 1803 fielen aufgrund der Bestimmungen des Reichsdeputationshauptschlusses die Vermögen des Benediktinerinnenklosters Gertrudenberg in Osnabrück, des Kollegiatstifts St. Johann in Osnabrück, des Benediktinerinnenklosters Malgarten, des Benediktinerinnenklosters Oesede, des Zisterzienserinnenklosters Rulle, des Benediktinerklosters Iburg, der Johanniterkommende Lage, des Stifts und vormaligen Zisterzienserinnenklosters Bersenbrück an das Kurfürstentum Hannover. Dieser erhebliche Vermögenszuwachs war zugleich Anlass, die Verwaltung dieses Vermögens im Gründungspatent des Prinzregenten Georg IV. für AHK und Klosterkammer vom 8. Mai 1818 förmlich zu regeln und diese Aufgabe einer ausschließlich für diesen Zweck errichteten Behörde, der Klosterkammer, zu übertragen.

Rogate-Frage: Wie ist die Klosterkammer aufgebaut und wie arbeitet sie?

Hans-Christian Biallas: Die Klosterkammer arbeitet wie eine moderne Stiftungsverwaltung, die bis heute ihren Stiftungsgrundsatz, das Stiftungsvermögen zu wahren und zu mehren, treu geblieben ist. Die Klosterkammer ist die größte Erbbaurechtsausgeberin in Deutschland. Auf der Einnahmeseite vergibt die Abteilung Liegenschaften Grundstücke im Erbbaurecht und verpachtet landwirtschaftliche Flächen sowie 15 Klostergüter. Die Klosterforsten bewirtschaften 26.600 Hektar Wald. Auch ausgegründete Betriebe tragen mit zu unseren Einnahmen bei. Auf der anderen Seite erhalten wir mehr als 800 Baudenkmale und rund 12.000 Kunstgegenstände. Außerdem unterstützen wir jedes Jahr mit mehr als drei Millionen Euro Förderprojekte in weiten Teilen Niedersachsens. Außerdem hat die Klosterkammer neun Beteiligungen. Der Allgemeine Hannoversche Klosterfonds ist an neun privatrechtlichen Gesellschaften als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter beteiligt.

Rogate-Frage: Was fördert die Klosterkammer und in welchen Regionen?

Hans-Christian Biallas: Wir unterstützen qualitätvolle, wegweisende und nachhaltige Projekte in den Bereichen Kirche, Schule und Soziales. Die geförderten Vorhaben sollen auf einen konkreten Bedarf reagieren und ihm Idealfall einen beispielhaften Charakter haben. Dabei beschränkt sich unser Fördergebiet aus historischen Gründen auf die Teile des Landes Niedersachsen, die früher zum Königreich beziehungsweise der preußischen Provinz Hannover gehört haben.

Rogate-Frage: Welches Leitbild steht hinter der Förderung des geistlichen Lebens durch Ihre Organisation?

Hans-Christian Biallas: Die Klosterkammer Hannover erfüllt als staatliche Behörde nicht selbst geistliche Aufgaben, kann aber Kirchengemeinden, anderen kirchlichen Institutionen sowie Klöstern und geistlichen Gemeinschaften die Möglichkeit zu kirchlicher Arbeit eröffnen und die äußeren, auch finanziellen Voraussetzungen dafür schaffen. Das geschieht zum einen durch Projektförderung, zum anderen aber auch durch die besondere, auch rechtlich verbindliche Beziehung der Klosterkammer zu den fünfzehn belebten evangelischen Frauenklöstern und -stiften, die zum Teil komplett von uns finanziert werden. Fünf der Klöster – die so genannten Calenberger Klöster – Barsinghausen, Mariensee, Marienwerder, Wennigsen und Wülfinghausen – gehören sogar zum Stiftungsvermögen des Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds, der größten von der Klosterkammer verwalteten Stiftung.

Rogate: Vielen Dank, Herr Biallas, für das Gespräch.

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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Die nächsten Rogate-Gottesdienste und Termine:

 

Fünf Fragen an: Lutz Müller, Pater der Societas Jesu

Fünf Freitagsfragen an Pater Lutz Müller, Societas Jesu, über seinen Weg in den Orden, den Märtyrer Frans van der Lugt und eine bunte Willkommenswohngemeinschaft in Essen.

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Pater Lutz Müller (Bild: Ulrich Püschmann)

Lutz Müller SJ stammt aus der Neustadt/Weinstraße in der Rheinpfalz, wurde Jesuit und Priester, studierte in München, Frankfurt und Chicago. Er engagiert sich für Menschen in Notlagen (psychisch, physisch, spirituell).

Rogate-Frage: Pater Müller, warum sind Sie Priester, Ordensmann und Jesuit geworden?

Lutz Müller: Mein geistlicher Weg führte über das Herz-Jesu-Kloster in Neustadt an der Weinstraße. Bei den Herz-Jesu-Priestern sah ich, wie ein überzeugendes Engagement für die Menschen aussah, grundgelegt durch eine Ausrichtung auf Gott, einer Arbeit in der Kirche und einem überzeugenden Lebensstil. Diese Männer hatten eine enorme Ausstrahlung! Ebenso lernte ich die KSJ (Katholische Studierende Jugend im BDKJ/Bund der katholischen Jugend) kennen, was eine einzigartige Erfahrung war, weil meine Kirche und mein Freundeskreis sich deckten. Wir feierten nicht nur viele Partys und machten tolle Ausflüge, sondern wir bereiteten auch Jugendgottesdienste vor, mit denen ich mich identifizieren konnte; und wir hatten viele Gruppenstunden, die richtig Spaß machten. Zusätzlich waren diese Gruppenstunden informativ, lernten wir doch viel über die Beziehungen zwischen reichen und armen Ländern. Die Themen Entwicklungshilfe und kirchliche Initiativen, Welthandel und Gerechtigkeit, Kirchenbilder und Glaubenswelten spielten eine große Rolle. Ich unterschätzte die Prägekraft dieser Aktivitäten völlig.

Als ich nämlich einige Zeit später eine Lehre zum Bankkaufmann in einer großen Geschäftsbank begann, wurde mir der Unterschied in den Wertewelten sofort klar. Ansagen wie „Das persönliche Konto ist das Persönlichste des Menschen!“, oder „Wir wollen das Beste unserer Kunden, nämlich ihr Geld!“ zeigten mir, dass ich in die Welt geraten war, die für die Ausbeutung der Armen in der Dritten Welt mitverantwortlich war. Auf einmal hieß es Umsatzsteigerung statt Solidarität und Profitorientierung anstelle von Nächstenliebe. Mir wurde klar: Ich hatte die Seiten gewechselt! Plötzlich arbeitete ich bei denen, die die Monokulturen in der Landwirtschaft förderten, Atomkraftwerke finanzierten und mit denjenigen politischen Eliten zusammenwirkten, die Demokratie aushebelten und die Rechte von Ureinwohnern, Slumbewohnern und Armen unterdrückten.

Ich geriet so in eine persönliche Krise. Zunächst musste ich mir klarmachen, dass eine abgebrochene Banklehre weder eine Antwort darstellte, noch irgendjemandem nützen würde. Also machte ich mit der Ausbildung weiter, besann mich aber auf meine Erfahrungen im Herz-Jesu-Kloster und begann, die Ordenslandschaft in Deutschland zu untersuchen. Ich war auf der Suche nach einer Lebensform, die meinen Glauben und die Fragen nach Gerechtigkeit miteinander vereinbaren konnte. Bei meinen Sondierungen unter den Männerorden stieß ich bald auf die Jesuiten. Ich war überzeugt, dass sie eine Perspektive für mein Leben darstellten. Nach dem Ende der Banklehre trat ich dort ein.

Ich wurde also zuallererst Ordensmann. Bei den Jesuiten sah ich meine Anliegen für Glaube und Gerechtigkeit, Spiritualität und Engagement, als Kirche um der Menschen willen, gut aufgehoben.

Der Jesuitenorden heißt Societas Jesu (daher das Ordenskürzel SJ), was auf Deutsch bedeutet: Gesellschaft Jesu. Die Männer in diesem Orden wissen sich zu Gefährten Jesu berufen. Als solche Männer sind sie zum Dienst an Anderen ausgesandt. Die Priesterweihe ist ein Ausdruck dieser Berufung. Sie ist eine Form des Dienstes in der Kirche. Ein solcher Gefährte Jesu zu sein, macht mich glücklich.

Rogate-Frage: Wie kommt es, dass sich Ihr Orden weltweit mit großem Engagement für Geflüchtete einsetzt?

Lutz Müller: Unser Ordensgeneral P. Pedro Arrupe SJ gründete 1980 den Jesuit Refugee Service (JRS), den Jesuitenflüchtlingsdienst. Dieser sollte auf die Zeichen der Zeit antworten, das heißt akut auf die Nöte der vietnamesischen Boat People eingehen. Unser Ordensgründer, Ignatius von Loyola (1491-1556), ließ sich auch zu seinen Lebzeiten von den Anforderungen seiner Zeit leiten. Er hatte nicht geplant, die Katholische Reform in Europa zu unterstützen, denn ihm hatte eher ein Wanderpredigerleben seiner Ordensbrüder vorgeschwebt. Aber die Kirche in Europa stöhnte unter den Folgen der Reformation, und sie litt unter ihren eigenen Defiziten. Ignatius erkannte, dass gut ausgebildete Priester hier helfen könnten. Also änderte er sein Konzept. Entsprechend formulierten die Jesuiten im 20. Jahrhundert, dass Jesuiten eher dorthin gehen sollten, wo andere nicht hingehen konnten oder wollten. Diese Haltung führte zur Gründung des JRS und zum Engagement für Geflüchtete. Diese Parteinahme geschieht auf verschiedenen Ebenen:

  1. Durch direkten Kontakt mit Flüchtlingen in den Lagern an der Front,
  2. die Sorge um menschliche Entwicklung, Ausbildung und Förderung in den Lagern (Erstaufnahme, Transit, Abschiebehaft),
  3. anwaltliche Vertretung und juristische Hilfen in Drittländern.

Das spiegelt das Grundanliegen des JRS wider: Serve, Accompany, Advocate.

Rogate-Frage: Sie haben eine Willkommenskommunität in Essen gegründet. Was steckt hinter dieser Idee? Warum haben Sie das Haus nach Pater Frans van der Lugt benannt?

Lutz Müller: Pater Frans van der Lugt SJ war ein Mitbruder aus den Niederlanden, am 10. April 1938 geboren in Den Haag. Er trat 1959 in den Orden ein, absolvierte von 1964-1966 seine Arabischstudien in Beirut/Libanon, wurde 1971 zum Priester geweiht und lebte von 1966 – 2014 in Damaskus und Homs, Syrien. Er war in Amsterdam aufgewachsen und ausgebildeter Psychotherapeut. In Homs arbeitete er unter anderem mit Menschen mit Behinderungen, obdachlosen Jugendlichen und Kindern mit seelischen Schwierigkeiten. Dort gründete der Jesuit in den 1980er Jahren das Zentrum Al-Ard (Die Erde), in der junge Menschen mit seelischen Problemen und Menschen mit Behinderungen in der Landwirtschaft arbeiten konnten. Damit eröffnete er in einer Umgebung, in der Menschen mit Behinderungen teilweise versteckt wurden, vielen von ihnen und ihren Familien neue Lebensperspektiven. Zur Gemeinschaft gehörte ein spirituelles Zentrum als Ort des interreligiösen Dialogs.

So half er Menschen, miteinander als Christen und Muslime unterwegs zu sein. Mit seiner Wanderbewegung „Al Maseer“ (Der Weg) organisierte „Abuna Frans“ (Unser Vater Frans = Pater Frans) regelmäßig mehrtägige Wanderungen, in der er Menschen unterschiedlicher Herkunft und politischer Ansichten, verschiedenen Glaubens und sozialen Status zusammenbrachte. Er war davon überzeugt, dass die Menschlichkeit und das gemeinsame Erleben der Natur alle mehr verbinden und letztlich stärker sind als alles, was wir Menschen uns an Trennendem ausdenken. „Am Ende jeder Wanderung stellen wir fest, dass es keinen Menschen gibt, der nicht geliebt ist“, sagte er.

Nach Beginn des Kriegs in Syrien blieb Frans van der Lugt in Homs, auch nachdem die UNO alle europäischen Staatsangehörigen aus der umkämpften Stadt evakuiert hatte, und die katholische Gemeinde statt früher 10.000 nur noch rund 60 Angehörige umfasste. Nach der Zerstörung von Al-Ard lebte er in der Altstadt und versuchte, Lebensmittel für die hungernden Einwohner der belagerten Stadt zu organisieren. „Die Menschen in Syrien haben mit mir ihre Schätze und ihre Freude geteilt, jetzt teile ich auch ihre Leiden und ihre Trauer“, sagte Frans van der Lugt über seine Entscheidung, in Homs zu bleiben. Am 7. April 2014 wurde er von maskierten Männern aus seiner Unterkunft in der Ordenszentrale gezerrt und auf der Straße mit gezielten Schüssen getötet.

Als Mann des Friedens und der Verständigung, der bis zuletzt nicht Partei für eine politische Seite einnahm, war er in Syrien sehr bekannt und bei vielen Menschen sehr beliebt. Sein Tod wurde von vielen Syrern, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit, in und außerhalb Syriens sehr betrauert.

Seine Idee, über das gemeinsame Wandern in der Natur Liebe und Frieden untereinander zu fördern, lebt durch seine Freunde aus Homs jetzt auch in Deutschland und Europa weiter: Jährlich laden sie alle Interessierten zum „FransWandern“ ein.

Dieser Mann mit all seinen Facetten scheint uns ein gelungenes Vorbild zu sein für Verständigung, Kommunikation und Versöhnung. Ein von ihm überliefertes Motto lautet: „Ich sehe keine Christen und Muslime, ich sehe nur Menschen!“ Ein solches Leitmotiv eignet sich sehr für das Abuna-Frans-Haus!

Nun bauen wir in Essen auch einen solchen Ort auf. Unter einem Dach leben Menschen unterschiedlichen Alters, verschiedener Religionen, Konfessionen, Nationalitäten und Sozialisationen zusammen. Die Form ist die einer Wohngemeinschaft, einer WG. Das heißt wir haben keine Angestellten, sondern alle Arbeiten im und rund ums Haus werden von allen Bewohnern getragen.

Rogate-Frage: Wie funktioniert das Zusammenleben und welche Herausforderungen begegnen Ihnen?

Lutz Müller: Wir wollen die Vielfalt in Religion, Lebensstil, Herkunft und Kommunikation leben und nicht einfach nur den kleinsten gemeinsamen Nenner suchen. Wir empfinden dies selbst als ehrgeizig, die Verschiedenheiten auszuhalten, zu tolerieren, wertzuschätzen und einzubringen. Unterschiede dürfen sein und werden nicht schnell aufgelöst. Das ist manchmal anstrengend. Es kostet Kraft, immer wieder Alltägliches zu erklären, kulturelle Barrieren wahrzunehmen und auszuloten. Während wir beiden Jesuiten natürlich Leitung praktizieren, bieten wir den Geflüchteten die Beziehung zu uns an, um sich besser zu integrieren. Wir begleiten Lernprozesse in Sprache, Kultur, Ausbildung, Festtraditionen und Alltag. Dazu kommen die in WGs üblichen Differenzen mit Blick auf Sauberkeit, Pünktlichkeit, Hygienestandards, Ordnungsvorstellungen. Wir leben in einer Wohngemeinschaft in Deutschland!

Wesentlich verkompliziert wird dies dadurch, dass wir mit traumatisierten Menschen zusammenleben. Fast alle haben Schlafschwierigkeiten, weil die Erinnerungen an Krieg, Flucht und Vertreibung sich nicht nur ins Bewusstsein eingebrannt haben, sondern auch noch über die sozialen Medien, die Smartphones und Tablets immer wieder aufgefrischt werden.

Und so ist das Zusammenleben mit fünf Herkunftskulturen eine Herausforderung! Mit uns leben zwei Guineer, zwei Kongolesen, zwei Syrer, ein Libanese, ein Iraner, zusammen also acht Männer. Die Altersspanne deckt ein Spektrum von 19 bis 68 Jahren ab. Die noch nicht erworbene Sprachkompetenz bildet natürlich eine Hürde. Vieles Interessante kann dadurch gar nicht besprochen werden, wie zum Beispiel religiöse Grundfragen. Sodann kommen die Unsicherheiten im Status dazu. Die Wartezeiten auf die Anhörung durch das BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) sind sehr lang. Wenn es zu einer Ablehnung oder anderen Komplikationen kommt, stellen wir einen Rechtsbeistand zur Verfügung. Die Situation der Herkunftsfamilien in den Heimatländern beunruhigt die Bewohner zusätzlich. Kriegerische Ereignisse, Bürgerkriegszustände, Krankheiten bei zerstörter Infrastruktur vor Ort binden viel Aufmerksamkeit und ziehen sie von hier ab. Wenn dann auch noch eine fremde Kultur wahrgenommen, eine fremde Sprache gelernt und die Idee einer WG mit Fremden, auch noch unter der Leitung zweier katholischer Priester verstanden werden soll, dann überfordert das leicht unsere Mitbewohner.

Unsere Idee ist es, Gemeinschaft zu fördern. Das ist nicht immer das Ideal unserer Gäste. Von den Gemeinschaftsunterkünften kennen sie viele Situationen von Konkurrenz und Neid. Wenn wir dann über Kommunikation, Gemeinschaft, Vertrauen und gemeinsames Lernen reden, begegnen sie uns mit viel Skepsis! Beispielsweise ist vielen kaum einsichtig, dass wir miteinander essen könnten, was bedingt, dass wir füreinander kochen. Jeder ist hier ein Überlebenskünstler, sonst wäre er nicht hier. Ein Miteinander einzuführen, ohne familiäre Bindungen, ohne vorgegebene Loyalität, einfach so, ist ein eigenes Thema. Zu all diesem gehören auch die beruflichen Situationen: Ein Mitbewohner macht eine Lehre zum Bäcker, ein anderer eine Ausbildung zur Servicekraft im Restaurant; einer macht gerade seinen Führerschein, ein anderer ein Praktikum in einem Malergeschäft, gefördert vom Jobcenter. Unsere Leute kommen in Deutschland an, selbst wenn es mühsam ist.

Rogate: Vielen Dank, Pater Müller, für das Gespräch.

Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de

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