Fünf Freitagsfragen an Alexander Bothe, Referent für Ministrantenpastoral und liturgische/kulturelle Bildung bei der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge (afj) der Deutschen Bischofskonferenz, über den ökumenischen Jugendkreuzweg, eine bewährte Zusammenarbeit in der Jugendarbeit und die Frage nach dem, was eigentlich Wesentlich ist.

Alexander Bothe (Bild: afl)
Alexander Bothe verantwortet als Geschäftsführer und Leiter des Redaktionsteams die Erstellung des jährlich neuen Ökumenischen Kreuzwegs der Jugend. Offen für den Dialog und bereit zum Entdecken der Wege zum Horizont, mit dem Blick für das kostbar Überlieferte wie der Freude zum ambitionierten Mitgestalten von Veränderungsprozessen – Alexander Bothe engagiert sich für eine Jugendpastoral, die Menschen in der Gegenwart ihres Lebensweges begleitet und die aus der Botschaft von Jesus, dem Christus, und der Freude an der Welt zukunftsfähig ist.
Rogate-Frage: Herr Bothe, was passiert bei Jugendkreuzweg? Wie funktioniert er?
Alexander Bothe: Der Jugendkreuzweg ist in erster Linie ein Angebot, denn wir laden gerade junge Christinnen und Christen ein, sich gemeinsam auf dem Weg zu Ostern hin – und das meint, in der Fastenzeit und während der Karwoche, aber genauso während des übrigen Jahres – aus unseren Materialien ihren Kreuzweg zusammenzustellen. Sie können unsere Texte, Bilder, Vorschläge und Gedankenanregungen aufgreifen und so übernehmen oder mit eigenen Ideen und Bezügen zur persönlichen Lebenswelt verbinden. In jedem Jahr wählen wir dazu neu einen Kreuzweg aus, das kann eine Gestaltung oder ein Kunstwerk sein, das schon in einer Kirche in Deutschland hängt, eines, das von Künstlers speziell aus diesem Anlass heraus entwickelt wird, eine Installation, eine Entwicklung von jungen Erwachsenen selbst usw. Dazu bieten wir über die Webseite jugendkreuzweg-online.de Bezugsmöglichkeiten und vielfältige Zusatzmaterialien an. Der Jugendkreuzweg ermutigt zum gemeinsamen oder individuellen Gebet und Gottesdienstfeiern, zum Mitgehen auf dem Kreuzweg und dazu, sich so in vielfältiger Weise mit der Passion Jesu und dem eigenen Suchen, Fragen und Zweifeln, mit der Erlösung und dem von Gott gewollten Heil auseinanderzusetzen.
1958 begann der Jugendkreuzweg als „Gebetsbrücke“ zwischen jungen katholischen Christinnen und Christen in der Bundesrepublik und der ehemaligen DDR; seit 1972 wird er ökumenisch gebetet. Er hat also eine bewährte und ganz besondere Geschichte. Heute überbrücken die gemeinsamen Worte Konfessionen, Gesinnungen, Generationen Und Grenzen, denn auch in den Niederlanden, Österreich und den deutschsprachigen Teilen von Luxemburg, Belgien und der Schweiz beten ihn junge Christinnen und Christen. Träger des Ökumenischen Kreuzwegs der Jugend sind die Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz (afj), der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e. V. (aej).
Rogate-Frage: Welchem Thema stellt sich der Jugendkreuzweg in diesem Jahr?
Alexander Bothe: „Im Fokus: Das Kreuz“, so lautet der Titel des Ökumenischen Kreuzweges der Jugend 2015. Leid und Tod zu „fokussieren“ ist ambivalent: Es kann Aufmerksamkeit auf den Leidenden lenken und unsere Wahrnehmung des Menschen, der leidet schärfen, es kann ihn zugleich aber auch bloßstellen; es kann zum Verändern und Helfen ermutigen oder zum Ergötzen verführen. Der ÖJKW korreliert dieses Heute unserer Gesellschaft und des eigenen Lebens, den eigenen Lebensweg und den gesellschaftlichen und medialen Umgang mit dem Leid und dem Tod Jesu Christi. Hintergrund ist die Frage nach dem, was eigentlich Wesentlich ist: Wohl noch nie zuvor gab es so faszinierend differenzierte Möglichkeiten wie in unserer Zeit, sich Bilder der Wirklichkeit zu machen. Doch was sagen all diese Bilder über das, was wesentlich ist, wie scharf oder unscharf erzählen sie von dem, was Wahrheit ist? Das stellt auch die Frage nach echter Begegnung in den Fokus. So sehr im medial vermittelten oder direkten Umgang miteinander gerade gemäß der sozialen Medien bedingungslose wechselseitige Partizipation und permanenter Austausch als Ideale erscheinen, so sehr wird aber gerade die Frage danach geöffnet. Was ist, wenn es bei dem gerade genannten um das ‚Eingemachte‘ geht, darum, was Begegnung bedeutet, wenn es um das Leben und um den Tod selbst geht? Dem Jugendkreuzweg geht es darum, den Fokus für das Wesentliche zu schärfen: Wirkliche Begegnung kann erst aus dem Mut erwachsen, einander auf den Kreuzwegen des Lebens dorthin zu begleiten, was uns im Innersten erfüllt: Die Begegnung mit der Liebe Gottes, der vom Tod zum Leben führt.
Rogate-Frage: Wissen Sie etwas über die Resonanz und die Umsetzung in den Gemeinden?
Alexander Bothe: Bunt und sehr unterschiedlich! Manches erreicht uns über den Kalender auf unserer Webseite, in den man die eigene Veranstaltung eintragen kann, anderes über eMail oder Post oder wenn einzelne aus der Redaktion an Gebeten teilnehmen können. Es gibt große gemeinsame Veranstaltungen am ‚traditionellen‘ Tag des Gebets des Jugendkreuzwegs am Freitag vor Palmsonntag, die können wie beispielsweise in Hamburg mit riesigen Bilder-Planen durch ganze Stadteile gehen, in Ingolstadt mit einem Aktionsrahmen verlaufen oder wie in Wuppertal 2014 mit der Schwebebahn auf dem Gebetsweg unterwegs sein. Ebenso wissen wir von vielen Lehrerinnen und Lehrern, die die Materialien für Schulveranstaltungen oder den Religionsunterricht währen des Jahres nutzen. Die meisten Gebete werden aber natürlich innerhalb von Pfarrgemeinden oder zwischen mehreren Pfarrgemeinden veranstaltet und eben weit überwiegend ökumenisch miteinander geteilt, auch Fastenexerzitien oder Einkehrtage werden mit den Materialien gestaltet. Sophia, eine der jungen Erwachsenen, die in diesem Jahr beim gemeinsamen Auftaktgebet des Jugendkreuzwegs in Bücken/Niedersachsen am 20. März mitgewirkt und dafür eigene Texte verfasst haben, hat mir erzählt, wie sehr sie und die anderen Teammitglieder die Auseinandersetzung mit dem Jugendkreuzweg aus ihren eigenen Lebenswirklichkeiten heraus angesprochen und zur Auseinandersetzung mit ihrem Glauben ermutigt hat. Schön ist dabei, dass wir auch sehr viele Rückmeldungen von ‚Jugendlichen und jungen Erwachsenen aller Generationen‘ bekommen, die sich durch die Bilder und Texte des Jugendkreuzwegs bereichern lassen und sie mit Freude aufgreifen. Aus Gelsenkirchen-Resser Mark kam in diesen Tagen gerade eine Nachricht, wie sehr der diesjährige Entwurf die gesamte katholische und evangelische Gemeinde angesprochen hat, weil sich „von der Kindergruppe bis zu den Rollator-Fahrern“ alle von den Gedanken, Gebeten, Texten, Aktionsimpulsen und Liedern berühren lassen konnten. So sehr wir natürlich auch ganz unterschiedliche Feedbacks erhalten, weil wir ja jedes Jahr einen ganz neuen inhaltlichen und ästhetischen Zugang auswählen und dabei auch immer wieder Grenzen ausloten – das erfüllt dann das ganze Redaktionsteam mit besonderer Dankbarkeit und Ermutigung.
Rogate-Frage: Welche ökumenischen Impulse können Sie mit hineinnehmen?
Alexander Bothe: Das geschieht schon dadurch, dass wir als Herausgeber und in der ganzen Breite des Redaktionsteam ökumenisch zusammen gesetzt sind. Auswahl aus den jährlichen Vorschlägen zum Kreuzweg, Entwicklung der inhaltlichen Ausrichtung, der Bildperspektiven, Abfassung der Texte und der Musik sind getragen von der echten gegenseitigen Bereicherung der verschiedenen konfessionellen Perspektiven. Aber auch theologisch lässt sich das gut auf den Punkt bringen: „Im Anfang war der Logos“, also der Sinn, die Sprache, die Vernunft, die Richtschnur – so beschreibt das Johannesevangelium den Beginn von Geschichte. Wir kennen die Übersetzung als das „Wort“, das am Anfang steht, Jesus Christus also als „das Wort“ Gottes. Der Jugendkreuzweg greift die Spannung zwischen Worten und Bilder und auch der Musik als Beziehungsebene eigenen sinnlichen Zugangs zur Wirklichkeit auf, um durch das gemeinsame Unterwegssein auf dem Kreuzweg die Spannung zwischen der Unsichtbarkeit Gottes und der ganz persönlichen Begegnung mit ihm in Jesus Christus zu öffnen. „Alte und neue Bilder, alte und neue Worte, Gottes Worte und unserer Worte: Reformation heißt da, dass sich etwas neu formt, sich neu und anders ausbildet“, so beschreibt es Cornelia Dassler, Landesjugendpastorin der Ev.-luth. Landeskirche Hannover und Redaktionsmitglied im Journal des Jugendkreuzwegs, das es zum Download auf der Webseite gibt. Schöner kann ich es aus katholischer Sicht nicht auf den Punkt führen, denn genau das geschieht reformatorisch im Jugendkreuzweg, wenn er ökumenisch getragen und ausgerichtet von der Botschaft Gottes, der mit uns auf den Kreuzwegen unseres eigenen Lebens unterwegs ist, erzählt, um dazu einzuladen, dem „Logos“ Jesus Christus mit allen Sinnen zu begegnen.
Rogate-Frage: Welche Botschaft aus den Texten des Kreuzweges ist Ihnen am wichtigsten?
Alexander Bothe: Vom Blick auf den Tod her wird klar, was das Leben ist; und von da, was eigentlich der Mensch ist. Dieser Blick wiederum öffnet mir die Augen und das Herz für die Begegnung mit dem, was Wesentlich ist.
Rogate: Vielen Dank, Herr Bothe, für das Gespräch!
Weitere Informationen über die AFJ finden Sie hier: afj.de
Weitere Freitagsfragen – und Antworten – finden Sie hier: Rogatekloster.de
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Willkommen zu unseren öffentlichen Gottesdiensten in der gastgebenen Ev. Zwölf-Apostel-Kirche, An der Apostelkirche 1, 10783 Berlin-Schöneberg:
- Karfreitag, 3. April 15 | 15:00 Uhr, Kreuzweg-Andacht
- Ostermontag, 6. April 2015 | 10:00 Uhr, ökumenische Eucharistie, mit der Alt-katholischen Gemeinde
- Dienstag, 7. April 15 | 19:00 Uhr, Vesper, das Abendgebet, Zwölf-Apostel-Kirche
- Donnerstag, 9. April 15 | 20:30 Uhr, Komplet, das Nachtgebet, Zwölf-Apostel-Kirche
- Dienstag, 14. April 15 | 19:00 Uhr, Vesper, das Abendgebet, danach Bibelgespräch
- Donnerstag, 16. April 15 | 20:30 Uhr, Fürbitt-Andacht, in der Zwölf-Apostel-Kirche
- Dienstag, 21. April 15 | 19:00 Uhr, Vesper, das Abendgebet, anschließend Mitgliederversammlung des Trägervereins
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